Entführte Schüler in Nigeria: Boko Haram bekennt sich zu Angriff
Die Islamisten wollen für die Geiselnahme hunderter Schüler aus einem Internat verantwortlich sein. Einige konnten fliehen.
In der Nacht zum Samstag hatten mehr als 100 Bewaffnete auf Motorrädern die technische Oberschule von Kankara im nordnigerianischen Bundesstaat Katsina gestürmt und so viele Internatsschüler verschleppt wie sie konnten. Viele konnten fliehen, aber nach Presseberichten werden immer noch 333 vermisst.
Einer, der entkommen konnte, berichtete der BBC, sie hätten die ganze Nacht bis kurz vor Morgengrauen durch den Busch marschieren müssen. Während einer Ruhepause habe er sich hinter einem Baum versteckt und dort ausgeharrt, als der Tross weiterzog. Dann schlich er sich ins nächste Dorf.
Es war die größte Geiselnahme in Nigeria seit Boko Harams Massenentführung von 276 Schülerinnen aus einem Internat in Chibok im Nordosten Nigerias im April 2014. Die hatte breite Proteste unter dem Motto „Bring Back Our Girls“ hervorgerufen, die dazu beitrugen, dass der damalige Präsident Goodluck Jonathan die Wahlen 2015 an Exgeneral Muhammadu Buhari verlor.
Jetzt bringt die Massenentführung von Kankara Buhari in ähnliche Bedrängnis. Erste Proteste unter dem Motto „Bring Back Our Boys“ melden sich im Internet zu Wort – zumal im blutigsten Überfall der Gruppe dieses Jahr erst zwei Wochen zuvor Boko Haram in Zamarmari nahe Maiduguri mehrere Dutzend Reisbauern getötet hatte.
Totgesagte Islamisten erstarken wieder
Die von Buhari oft totgesagte islamistische Untergrundarmee ist offenbar wieder erstarkt, und auch ihr mehrmals für tot erklärter Führer Shekau lebt demnach noch – sofern nicht jemand anderes diesen Namen angenommen hat und sofern nicht andere Gruppen sich mit dem angsteinflößenden Namen Boko Haram schmücken.
Boko Harams Bekennerbotschaft für Kankara kam überraschend. Denn am Vortag hatte die Provinzregierung gesagt, sie stehe mit den Kidnappern in Verhandlungen. Nicht alle Beobachter sind daher davon überzeugt, dass wirklich die Islamisten dahinterstecken. Experten weisen darauf hin, dass demobilisierte Islamisten sich oft als Straßenräuber neu erfinden. In jedem Fall ist der Flurschaden für Präsident Buhari, dem in der eigenen Partei zunehmend Führungsschwäche vorgeworfen wird, erheblich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“