Englischer Polizeispitzel in Deutschland: Keiner will schuld sein
Das Bundeskriminalamt räumt ein, dass ein verdeckter Ermittler aus Großbritannien die linke Szene in Deutschland ausgespäht hat. Die Opposition fordert Aufklärung.

Linker Demonstrant beim G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007. Bild: dpa
BERLIN taz | Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), hat nach taz-Informationen am Mittwoch in einer vertraulichen Unterrichtung des Bundestagsinnenausschusses den Einsatz eines verdeckten Ermittlers aus Großbritannien in Deutschland eingeräumt. Und er soll sich peinlich berührt gezeigt haben, wie dieser Einsatz aus dem Ruder gelaufen ist. Zugleich aber wies BKA-Chef Ziercke eine Verantwortung seiner Behörde weit von sich. Die hätten die Länder zu tragen, in denen der Brite eingesetzt worden sei.
Wie durch Enthüllungen des britischen Guardian vor zwei Wochen bekannt wurde, hatte der heute 41-jährige Mark Kennedy unter dem Decknamen Mark Stone von 2002 bis 2009 als verdeckter Ermittler radikale Umweltaktivisten und die globalisierungskritische Szene in ganz Europa ausgespäht.
In Deutschland soll er an Aktionen rund um den G-8-Gipfel im mecklenburg-vorpommerischen Heiligendamm im Juni 2007 beteiligt gewesen sein. Im Dezember desselben Jahres wurde Kennedy in Berlin gar auf einer Demonstration "Für autonome Freiräume" festgenommen. Er hatte versucht, Papier aus einem umgestürzten Müllcontainer anzuzünden. Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch hat inzwischen bestätigt, dass bei der Demonstration damals ein Mark Stone vorübergehend in Gewahrsam genommen wurde. Die Ermittlungen seien wenig später aber von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. "Von einer verdeckten Arbeit war uns nichts bekannt", sagt Glietsch.
BKA-Präsident Ziercke berichtete dem Innenausschuss am Mittwoch dem Vernehmen nach, wie es zum Einsatz des verdeckten Ermittlers im Umfeld des G-8-Gipfels in Mecklenburg-Vorpommern kam. In einer Vereinbarung zwischen dem Land und den Briten seien demnach Details des Einsatzes festgehalten worden. Dort soll auch darauf hingewiesen worden sein, dass keine Straftaten begangen werden dürften. Für die Führung des verdeckten Ermittlers seien die Polizeien der Länder verantwortlich gewesen, in denen er zum Einsatz kam, so Ziercke. Das BKA spiele in solchen Fällen nur eine Vermittlerrolle.
Empört soll Ziercke auf Berichte über angebliche sexuelle Kontakte des verdeckten Ermittlers in der Aktivistenszene reagiert haben: "Das geht gar nicht."
Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns wollte am Mittwoch nichts zu der Affäre sagen. Es würden "zu verdeckten polizeilichen Maßnahmen aus einsatztaktischen Erwägungen grundsätzlich weder bejahende noch verneinende Auskünfte erteilt", sagte eine Sprecherin.
Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte bereits am Montag eine Verantwortung seines Landes für den Einsatz Kennedys verneint. Dem Berliner Landeskriminalamt sei vom BKA 2007 lediglich mündlich mitgeteilt worden, dass ein verdeckter Ermittler aus England nach Deutschland reise. Genauere Informationen habe es nicht gegeben, so Körting.
Die Opposition im Bundestag forderte am Mittwoch weitere Aufklärung in dem Fall. Viele Fragen seien auch nach der Sitzung des Innenausschusses noch offen geblieben, hieß es bei SPD, Grünen und Linkspartei.
Leser*innenkommentare
vic
Gast
Genua, im Sommer 2001. G8-Gipfel
Nun fange ich an zu glauben, dass es diesen ominösen Sprengsatz in der Schule tatsächlich gab. Und ich ahne, wie der dort hin kam.
Kai89
Gast
@ rod
Was für Straftaten? Für Linke ist es doch keine Straftat wenn Autos angezündet werden!
rod
Gast
"Ist das nicht normal das in links und rechtsextremistischer Szene solche Leute drin sind? Wenn die Rechten überwacht werden regt sich die Linkspartei doch auch nicht auf.."
mal ganz davon das ich es für unverantwortlich halte immer rechts und links in einen top zu schmeissen und G8 demonstranten per se als linksextrem zu bezeichnen,geht es darum das er die leute dazu angestachelt hat, straftaten zu begehen.was sagt das nun über einen staat aus der es nötig hat demonstanten zu kriminallisieren?mit ein bischen nachdenken kommst du darauf...
ach ja,das bild halte ich auch für schlecht gewählt,im bezug auf das thema
Karl K
Gast
Zwei abgefackelte Autos im Rostocker Hafen direkt vor der Fernsehgerüst des ZDF. Zündelte Mark Kennedy alias Mark Stone auch beim G 8-Gipfel?
Celler Loch - mal wieder - anders.
Zum HeiligendammSonntag kam ich als Rechtsbegleiter der Linkskapelle Jaruzelski in den Rostocker Hafen. Entlang des Kais in einem Streifen von ca 100 m war alles abtrassiert, leergeräumt und keine Autos - bis auf die rauchenden Reste dieser zwei - 5 Meter Luftlinie bis zur Fernsehkameraplattform.
Ein ortsansässiger Mitmusiker berichtete, vor dem Gipfel sei alles, einschließlich der Autos unter Polizeiaufsicht abgeräumt worden - bis auf die zwei.
Die Schiffsbesatzung der am Kai Liegenden Stubnitz bestätigte das.
Auch da wurde schon über die "falschen" Autonomen berichtet, mit Kapuzenjacken mit Verpackungsfalten und den falschen, nicht scenegerechten Sonnenbrillen: mindestens der Mark hoch zwei war mit dabei.
Was für Gesocks sich mittlerweile in einzelnen Abteilungen der Polizei rumtreibt hatten wir zuvor auf dem letzten Autobahnrastplatz vor Rostock bewundern können: Dein Freund und Helfer - der konnte mehrheitlich auch gut aufm Ring den Türsteher und Rausschmeißer geben.
Internationale Polizeispitzel mit Verträgen einzubinden, da muß man erst mal drauf kommen.
Nächste Polizeirechtsvorlesung Uni Greifswald:
" Der internationale Verwaltungsvertrag im Polizeirecht im Lichte der Verfassung - unter besonderer Berücksichtigung von EU-Polizeispitzeln"
Gastbeitrag: Prof.Dr. Thomas de Maiziere
Kati
Gast
Ich will endlich TUNESIEN-HIER.
hackbeil
Gast
ich versteh ehrlich gesagt immer noch net wizo in deutschland nen engländer ermittelt. sind die deutschen behörden jetzt auch noch unfähig verdeckt zu ermitteln.
achso unfähig. liebe taz-redakteure ich stimm den anderen leuten hier zu die das bild für schlecht ausgewählt halten.
jps-mm
Gast
Penetrantes Schweigen über Menschenrechtsverletzungen
Seit 2005 täuscht die Merkel darüber hinweg, dass die Verletzung von Bürgerrechten schwerster Art unverändert fortgesetzt wird. Dazu kommt, dass die Merkel die dafür verantwortlichen Rechtsbrecher deckt, damit diese die Bürger- und Menschenrechtsverletzungen weiterhin ungestört fortsetzen können. Schlimmer noch: Die Situation der Menschenrechte hat sich seit ihrem Amtsantritt drastisch verschlechtert. Und die Merkel lacht darüber.
Ein Unrechtsstaat ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verletzung von Bürgerrechten schwerster Art über einen längeren Zeitraum mit Duldung, wenn nicht sogar mit Billigung staatlicher Stellen fortgesetzt wird, die strafrechtliche und disziplinarrechtliche Sanktionierung der Rechtsbrecher durch Staatsanwaltschaft und Gerichte systematisch verschleppt und behindert wird.
Spätestens seit dem BKA-Gesetz ist klar, wessen Geistes Kind die Merkl ist. In Anbetracht dieser Feststellungen ist es nicht verwunderlich, dass die UN-Kommission für Menschenrechte den Bericht der Merkel über die Menschenrechtslage in Deutschland als "beschönigt" bezeichnet. Hier herrschen bereits längst Verhältnisse wie in einem Unrechtsstaat.
Querulant
Gast
"Wieso ist es ein Skandal, wenn die Aktivitäten von Extremisten überwacht werden? Linke Demokratiefeinde und gewaltbereite Anarchisten dürfen keine Narrenfreiheit genießen."
Ein Skandal ist es, weil es sich um einen britischen Agenten handelt der im Ausland die linken Szenen bespitzelt hat. Ein Skandal ist es, weil die Bundesregierung fremde Geheimdienste innerhalb der BRD agieren lässt. Ein Skandal ist es, weil der Verdacht besteht, er wäre als Agent-Provocateur in Erscheinung getreten.
Auch Staatsorgane dürfen keine Narrenfreiheit genießen!
Alles klar?
gast
Gast
Wieso ist es ein Skandal, wenn die Aktivitäten von Extremisten überwacht werden? Linke Demokratiefeinde und gewaltbereite Anarchisten dürfen keine Narrenfreiheit genießen.
teil
Gast
Interessant aber nicht wirklich schockierend da nicht neu. Schließlich werden sogar die Linkspartei und ihre führenden Politiker beobachtet.
Und als Bild hättet ihr doch bitte auch ein paar Autonme beim "Mensch ärgere dich nicht" spielen abbilden können oder? Was soll man denn da denken bei sonem Anblick? Gut das sie beobachtet werden!
Man man man taz, ich glaube(ich hoffe) das könnt ihr besser!
Otto von Bismarck
Gast
Europäische Demokratie im 21. Jh.
Zum Glück sind wir den barbarischen Sarazenen überlegen.
Mutti
Gast
Alles Stasi, außer Mutti!
Matze
Gast
Ein britischer AGENT? So eine Art JAMES BOND ?
Dann ist es KLAR, dass er sexuelle Kontakte hatte !!
Bond war immer einer großer Frauenheld gewesen. Dumm nur, dass "Moneypenny" Ziercke nun Wind davon gekriegt hat.
Querulant
Gast
Zum Bild:
Beteiligt sich jetzt die taz auch schon an dem Propagandamythos, in Heiligendamm wäre nur gewaltsam Demonstriert worden und es wäre quasi nur der schwarze Block gewesen?
miesgelaunter
Gast
wow. vom g8 gibts so viele schöne bilder und ihr nehmt das, auf dem das EINZIGE auto gebrannt hat, um, wie alle anderen zeitungen, das bild zu festigen, dass demonstranten gleich randalierer sind.
Naja, bei feuer im bild klicken halt mehr drauf. deshalb funtioniert die bild auch so gut. vielleicht solltet ihr euch noch mehr von denen abgucken.
vic
Gast
Wenn man den Behörden glauben darf, und das tun wir ja alle, dann weiß in Deutschland kein Verantwortlicher was in seinem Zuständigkeitsbereich vor sich geht. Weder innen, noch außen, und schon gar nicht im sogenannten Verteidigungsministerium.
Außerdem fällt ein britischer Undercover unter den vielen deutschen Kollegen gar nicht auf.
Vermutlich ist der Bilderbuch-Demonstrant auf dem Foto auch einer.
KFR
Gast
Bitte nicht immer "England" - GrossBrittannien - UK durcheinander schmeissen; das ist so, als ob die Bayern pars-pro-toto Ganz-Deutschland präsentieren.
Murat
Gast
Ist das nicht normal das in links und rechtsextremistischer Szene solche Leute drin sind? Wenn die Rechten überwacht werden regt sich die Linkspartei doch auch nicht auf...