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Energieproduktion im VergleichErneuerbare können konkurrieren

Windräder produzieren Strom billiger als manche konventionelle Kraftwerke. Die Kosten der erneuerbaren Energien sind gefallen.

Energie aus Windrädern ist billiger als aus manchen konventionellen Kraftwerken. Auch die Solarenergie soll bald noch günstiger hergestellt werden Foto: AP

Berlin taz | Manche Formen der erneuerbaren Energien sind weltweit konkurrenzfähig im Vergleich zu Kraftwerken, die Gas, Kohle oder Uran nutzen. So liegt der globale Mittelwert der Energieproduktionskosten von Windanlagen an Land auf einem ähnlichen Niveau wie der mancher Gaskraftwerke. Das ist ein Ergebnis der Studie „Künftige Kosten der Energieproduktion“ der Internationalen Energieagentur (IEA) in Kooperation mit der Atomenergie-Agentur (NEA).

„Der Report zeigt, dass die Kosten der erneuerbaren Technologien, besonders der Solarenergie, in den vergangenen fünf Jahren deutlich gefallen und sie keine kostenmäßigen Ausreißer mehr sind“, schreibt die IEA. Die Agentur gehört zur Industrieländer-Organisation OECD in Paris wie auch die Nuklearagentur. Beide gelten als atomenergiefreundlich.

Die Studie analysiert die Lebenszykluskosten von 181 hypothetischen Kraftwerksprojekten in 22 Staaten unter der Voraussetzung, dass sie 2020 in Betrieb gehen würden. Neben der Atomkraft haben die Mitarbeiter verschiedene Arten von Kohle-, Gas- und Ökokraftwerken einbezogen, darunter unter anderem Windrotoren an Land und auf dem Meer, große und kleine Solaranlagen, Geothermie und Wasserkraft.

Bei angenommenen Kapitalkosten von 7 Prozent liegen die mittleren Produktionskosten für Windparks an Land dann unter 90 Euro pro Megawattstunde Strom – bezogen auf den heutigen Eurokurs. Elektrizität aus Gasanlagen kostet ebenfalls rund 90 Euro, Kohle- und Atomkraftwerke kommen auf gut 72 Euro. Beträgt der Kapitalzins, den die Investoren zahlen müssen, 10 Prozent, verschiebt sich das Ergebnis zugunsten der Erneuerbaren.

Die Endlagerung des Nuklearmülls wird nicht berücksichtigt

Der Grund: Nukleare und fossile Kraftwerke erfordern höhere Investitionen, weshalb die Kapitalkosten relativ zunehmen. Windräder an Land und Kohlekraftwerke produzieren die Megastunde Strom dann für etwa 90 Euro, während Gas- und Atomkraftwerke deutlich darüber liegen.

Nach Einschätzung von Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) beziehen solche Untersuchungen nicht die potenziellen Vollkosten der Atomenergie ein. Unfälle vom Ausmaß der Fukushima-Katastrophe und die Endlagerung des Nuklearmülls blieben unberücksichtigt – was die Rechnung zugunsten der Atomkraft verfälsche.

Die mittleren Werte großer Solaranlagen liegen in den beiden IEA-Szenarien zwischen 116 und 143 Euro pro Megawattstunde. Die Experten weisen darauf hin, dass die durchschnittlichen Produktionskosten für Solarstrom seit dem Jahr 2010 von etwa 445 Euro pro Megawattstunde auf rund 180 Euro gefallen seien. Dieser Prozess setze sich fort. Es sei also damit zu rechnen, dass auch Sonnenenergie bald auf einem ähnlichen Kostenniveau hergestellt werden könne wie konventioneller Strom.

Von Land zu Land sind die Bedingungen unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise hätten Windparks an Land den IEA-Rechnungen zufolge einen Kostenvorteil gegenüber Gaskraftwerken, würden aber teurer arbeiten als Kohlekraftwerke. Dies hänge immer von den nationalen Bedingungen, Gesetzen und Förderinstrumenten ab.

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20 Kommentare

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  • @ALFONEARTH, die Wahrheit braucht etwas, schließlich muss sie doch gesagt werden:"Allerdings können die meisten Kraftwerke nicht unter 30 - 50 % Last betrieben werden. Und wenn sie auf 0 heruntergefahren sind, dauert es mehrere Stunden sie wieder anzufahren, wobei wichtige Komponenten wegen der Temperaturwechsel stärker verschlissen werden." Was noch fehlt: das Anfahren großer Kraftwerke kostet auch sehr viel. Die seit einigen Jahren vorkommenden negativen Strompreise sind Folge dieser Kosten. Warum ist das wichtig? Nicht nur der Ertrag der Solarenergie schwankt im Laufe des Tages, sondern auch der Verbrauch bzw der Bedarf. Windräder lassen sich problemlos in den Wind drehen und produzieren dann nichts mehr, große Kraftwerksblöcke lassen sich kaum abschalten. Am schwersten zu regeln ist Braunkohle. Für die Stabilität der Netze müsste es daher eine Strafgebühr geben für Produzenten, die dem schwankenden Bedarf nicht folgen können.

  • Der Windstrom mag zu vergleichbaren Kosten produzierbar sein. Aber da er nur zufällig und nicht bedarfsgerecht produziert werden kann, ist er weniger Wert. Bis er überhaupt sinnvoll verwendet werden kann, fallen horrende Zusatzkosten für Leitungen, Regeltechnik, Speicher und Reservekraftwerke an.

    • @alfonearth:

      Zuerst einmal ist er nicht zufällig, sondern sehr gut prognostizierbar. Zweites brauch man auch für ein AKW oder Kohlekraftwerk entsprechenden Backup, nur dass diese wirklich unvorhergesehen ausfallen und dann plötzlich eine viel größere Leistung fehlt, als wenn ein technischer Effekt bei einer WEA auftritt. Also sollten die genannten horrenden Zusatzkosten bei konventionellen Kraftwerken sogar höher sein, werden wohl aber wieder mal wie üblich unter den Tisch fallen gelassen, genauso wie die externen Kosten.

    • @alfonearth:

      Kann den "Atomstrom" bedarsgerecht produziert werden?

      • @Waage69:

        AKWs haben nach Wasserkraft die schnellste Regelgeschwindigkeit in MW/sec. Wären alsp ideale Backup-Ergänzung zu volatiler Windkraft.

        Aber inzwischen werden auch Kohlekraftwerke für schnelle Regelgeschwindigkeit nachgerüstet. Sie können z.T. sogar den Überschuss-Strom im Leerlauf zum Weiterdrehen der Generatoren verbrauchen.

        • @alfonearth:

          Konkrete Werte für AKW Bibis:

          Frequenzregelung mit Gradienten bis 100MW/s, Leistungsabsenkung bis 100 MW/min bis Halblast, Leistungssteigerung bis 60 MW/min.

          • @alfonearth:

            Danke für die konkrete Antwort, war mir im Prinzip aber auch nicht unbekannt.

             

            Aber jetzt stelle ich mich noch mal ganz dumm und frage das nächst naheliegende:

             

            ...und warum laufen die AKW dann bei hoher EE- Einspeisung z.T. komplett am Bedarf vorbei stumpf durch?

             

            Hier hätten sich die Energieerzeuger in der Vergangenheit mal etwas geschmeidiger zeigen können und ein AKW als gemeinsames Pilotprojekt zur Backup Ergänzung freistellen und auch tatsächlich so einsetzen können, da hätte man dann mal was zum Vorzeigen und Renommieren gehabt.

             

            So ist die gute Regelbarkeit der AKW nur schöne Theorie - eventuell gibt es da sogar noch einen Haken.

             

            Ich persönlich fände ja die Kombination Atomstrom (so viel wie nötig) und EE (soviel wie möglich) in Bezug auf den Klimawandel nach wie vor sinnvoll, leider wollen alle immer mit dem Kopf durch die Wand und deshalb hat meine Exotenmeinung nicht viel Wert.

            • @Waage69:

              Wie kommen Sie darauf, dass die AKW stumpf durchlaufen? Alle Kraftwerksbetreiber regeln ihre Last inzwischen viertelstundenweise nach Bedarf. Allerdings können die meisten Kraftwerke nicht unter 30 - 50 % Last betrieben werden. Und wenn sie auf 0 heruntergefahren sind, dauert es mehrere Stunden sie wieder anzufahren, wobei wichtige Komponenten wegen der Temperaturwechsel stärker verschlissen werden. Die Lastwechsel verringern auch den sonst optimalen Wirkungsgrad. Das alles sind Folgekosten der sog. Erneuerbaren.

              • @alfonearth:

                O.k. - nach genauer Sichtung des Agorameters ist eine gewisse Regeltätigkeit auch bei den AKW zu erkennen.Das ist dann ja gut so - bis auf 50 oder gar 30% geht aber keiner runter.

              • @alfonearth:

                Fazit einer Studie im Auftrag eines grünen Umweltministers:

                "Es zeigt sich, dass der Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien alleine nicht ausreicht, um die Versorgungssicherheit in der kommenden Dekade zu gewährleisten. http://www.dlr.de/dlr/Portaldata/1/Resources/documents/2014/20140917_DLR_IER_Kapazitaetsentwicklung_Sueddeutschland.pdf

                • @alfonearth:

                  Danke für die Studie, das Ergebnis ist nicht überaschend.

                   

                  Es wäre sicher sinnvoll in Süddeutschland bei weiterem Ausbau der EE einige wenige AKW (Isar 2 Nekarwestheim) weiter laufen zu lassen. Das relativ neue AKW Emsland ebenso, das liegt zwar nicht in Süddeutschland wäre aber dennoch nützlich um auf Dauer die Kohlestromproduktion weiter zu drücken.

                   

                  Nach dem Rotgrünen Atomausstiegsbeschluss wäre das auch auf Jahre mögllich gewesen.

                   

                  Mutti hat die Karre eben vor die Wand gefahren, zuerst hat sie mit der Laufzeitverlängerung mit der Gießkanne für alle im "mit dem Kopf durch die Wand Modus" die Fronten verhärtetet und dann selbst für eine extrem begrenzte Nutzung der Atomkraft in begründeten Eimzelfällen die Tür zugeschlagen.

      • @Waage69:

        Ich liefere bedarfsgerecht noch ein "n" und ein "f" und lege mich erst mal schlafen.

  • "Es bleibt dabei, dass die Förderung erneuerbarer Energien einen durchschnittlichen Haushalt nur rund 1 Euro im Monat kostet - so viel wie eine Kugel Eis." - Quelle: Jürgen Trittin, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2004

     

    Aktuelle EEG Umlage einer 4-Personen 5000kwh-Familie: 367 Euro brutto in 2015

     

    Die Kugel Eis des Herrn Trittin verwandelte sich in einen Eisberg...

    Nur ist das Geld ja nicht "weg" sondern "woanders".

    • @Frank Heinze:

      Dann sollten Sie sich fragen, wie lange Trittin schon kein Umweltminister mehr ist. Denn der Anstieg der EEG-Umlage ist keineswegs technisch bedingt, sondern ausschließlich politisch. Es war keine Grüne Idee, den Verbraucher zahlen zu lassen, das wurde von Schröder mit der Industrie ausgekungelt. Trotzdem blieb es bezahlbar. Erst mehrere Änderungen unter schwarz/gelb und schwarz/rot ließen die Strompreise ansteigen. Es ist schäbig und ignorant, das noch immer Trittin anzulasten. Sicher ist der auch für die Sektsteuer für den Flottenausbau verantwortlich.

    • @Frank Heinze:

      Ich frage mich, wie viele Kugeln Eis uns denn die Endlagerung des Atommülls so kostet. Und die Folgen eines größeren Unfalls.

    • @Frank Heinze:

      Meinen Sie die Versorger würden ihren Strom heute billiger verkaufen wenn es keine EEG Umlage gäbe?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "In Deutschland beispielsweise hätten Windparks an Land den IEA-Rechnungen zufolge einen Kostenvorteil gegenüber Gaskraftwerken, würden aber teurer arbeiten als Kohlekraftwerke."

     

    Demnach ist also Wind teurer als Kohle? Da dies ausgeschlossen werden kann, erwartet der Leser eine Stellungnahme des Autors.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Schon bemerkt, Herr Koch?

    Im Beitrag vergleichen Sie die Produktionskosten für Windparks an Land mit den Kosten der Elektrizität aus bspw.Gaskraftwerken.

    Eine klarere Formulierung des Vergleichs wäre angebracht.

  • Die Kosten für den Atommüll sind also nicht eingepreist.

    Man darf vermuten, die Kosten für die bedarfsgerechte Produktion von Strom ebenfalls nicht, hier werden wie immer Äpfel mit Birnen verglichen.

     

    Was kosten den die Backup Kraftwerke und der notwendige Netzausbau?

     

    Wenn die Studie stimmt, warum schaffen wir dann nicht das EEG sofort ab?

     

    Fragen über Fragen...

  • Seit ich von den Faktoren der gesellschaftlichen Kosten von "alten" Energieerzeugungsformen gelesen habe (Stichwort externe Effekte) zu denen es auch offizielle Untersuchungen der Bundesregierung gibt... halte ich das Festhalten an Kohle Gas und Atom + das gesammte Ökobashing für Propaganda und Lobbygewäsch.