Energieberatung für Privathaushalte: Das kleine Rädchen rennt und rennt
Wenn man als Single so viel Strom verbraucht wie eine Kleinfamilie, braucht man dringend professionelle Hilfe. Die Verbraucherzentrale bietet Energiechecks an.
Ein halbes Jahr habe ich in meiner Wohnung gewohnt, dann kam ein Brief meines Stromanbieters: Ich möge bitte 300 Euro nachzahlen. Und man möchte mir mitteilen, dass mein künftiger Abschlag auf 100 Euro pro Monat erhöht würde.
Ich wohne alleine. Andere Menschen in ähnlichen Umständen zahlen für ihren Strom 30 Euro im Monat. Kurzzeitig hatte ich einen Mitbewohner, der sicherlich seinen Beitrag zu dieser Rechnung geleistet hat. Trotzdem: Ich besitze keine Gefriertruhe, keine Spülmaschine, keine Wii, nicht einmal einen Fernseher. Und ich arbeite den ganzen Tag – in einem Büro, in dem andere den Strom zahlen. Liebste Freizeitbeschäftigung zu Hause: Lesen. Dazu braucht man nur eine Nachttischlampe.
Birgit Holfert soll das Rätsel meines Stromverbrauchs lösen. Sie ist Diplomingenieurin für Wärmetechnik und macht für die Verbraucherzentrale sogenannte Energiechecks in Privathaushalten. In ihr iPad tippt sie meine Rohdaten: Mittelhaus, 60 Quadratmeter, Zähler in der Wohnung. Theoretisch könnte ich jeden Abend vor dem kleinen Kästchen stehen und beobachten, wie mein Geld verrinnt.
kostet 10 Euro, die restlichen 140 Euro zahlt das Wirtschaftsministerium. Unter 0800 809802400 kann man einen Termin vereinbaren. Weitere Infos unter www.verbraucherzentrale-energieberatung.de
Man braucht ein Gefühl dafür, wie viel Strom man durch welche Tätigkeit verbraucht, sagt Birgit Holfert. Und tatsächlich: Wenn in meinem Zimmer, in der Küche und im Flur die Lichter brennen, fängt das kleine Rädchen des Zählers an zu rennen.
Birgit Holfert blickt durch ihre Brille auf ihr iPad, das meine Stromnutzung jetzt in Diagrammen zusammenfasst. „Das ist ganz schön heftig“, sagt sie und zeigt mir einen Balken: Ich liege am äußersten Ende, im knallroten Bereich. 4.000 Kilowattstunden verbrauche ich jährlich. So viel wie eine kleine Familie.
Die professionelle Diplomingenieurin empfiehlt LEDs
In meiner Decke stecken Halogenlampen. Die produzieren 50 Prozent Licht, 50 Prozent Wärme, schon besser als Glühbirnen, aber weit hinter den Möglichkeiten von LEDs und Energiesparlampen. In der Küche leuchten sechs Strahler jede Ecke aus, im Flur sind es vier, in meinem Zimmer dagegen sind vier von sechs Lampen kaputt. Schalte ich das Licht in Flur und Küche aus, wird das Rädchen langsamer, bis es sich kaum noch bewegt.
Birgit Holfert empfiehlt LEDs. Ich hingegen fühle mich darin bestätigt, dass sich manche Probleme durch Nichtstun lösen. Ich muss nur warten, bis auch die ersten Strahler in Küche und Flur ausbrennen. So spare ich doppelt Geld: Strom – und ich muss keine neuen Lampen kaufen.
Birgit Holfert sondiert die restliche Küche. Die Waschmaschine, ein neues Gerät, ist energieeffizient: „sehr schön“. Der Kühlschrank hingegen: „Wie alt ist der?“ Ich habe keine Ahnung, vor vielen Jahren habe ich ihn gebraucht gekauft. Sie schätzt: 15 Jahre. Mit einem neuen Gerät könnte ich wohl zwei Drittel des Verbrauchs einsparen. In vier, fünf Jahren hätte ich den Preis wieder drin. Sie empfiehlt mir ein Mehrzonengerät – mit Fächern, die unterschiedlich kalt sind. Und: mal wieder abtauen!
Der Wasserkocher ist wohl das einzige zusätzliche Gerät, dessen Anschaffung den Stromverbrauch senkt, statt ihn zu erhöhen. Ich habe keinen und mache mein Teewasser immer auf dem Herd warm. Ich trinke viel Tee.
Kürzer und kälter duschen
Im Bad entdecken wir wahrscheinlich den Hauptgrund für meine Dreipersonen-Stromrechnung: ein Durchlauferhitzer, der mein Wasser elektrisch erwärmt. Ich gestehe Birgit Holfert, lange zu duschen. Und sehr heiß. 45 Grad aufwärts. Sie verordnet mir 37 Grad. Und empfiehlt, den Hebel der Mischbatterie bei Wasch- und Spülbecken nach rechts zu stellen – sodass beim Händewaschen erst mal kaltes Wasser kommt und der Durchlauferhitzer nicht ständig anspringt.
In der Broschüre, die sie mir da lässt, entdecke ich einen weiteren Tipp: ein Wassersparperlator mischt Luft ins Wasser. So braucht man zum Teil nur die Hälfte des Wassers – und es fühlt sich trotzdem nach Duschen an. „Wie ein Sommerregen“, werben Firmen im Internet für solche Duschköpfe. Wasser sparen heißt Strom sparen, sagt Birgit Holfert. Also Geld sparen.
Bleiben noch die Stand-by-Geräte. Der Internet-Router läuft Tag und Nacht – dabei brauche ich ihn eigentlich nur am Abend. Eine Zeitschaltuhr könnte helfen, sagt Birigt Holfert. Meine Stereoanlage zapft ständig zwei Watt, obwohl sie eigentlich ausgeschaltet ist. Allerdings kann ich sie auch nicht ausstecken – denn dann ist die Uhrzeit gelöscht und mein Wecker funktioniert nicht mehr. Birgit Holfert berechnet: Mein Wecker verbraucht 17,52 Kilowattstunden im Jahr, das sind bei meinem Strompreis 4,50 Euro. 40 Cent im Monat. Ich finde: passt schon.
Man muss seinen Strom nur bewusst verbrauchen, sagt Birgit Holfert. Und sich dann auch mal etwas gönnen. „Strom ist Lebensqualität.“ Ein Wecker, dessen Uhrzeit man nicht täglich einstellen muss. Den Laptop nicht herunterfahren, weil man ihn dann schneller wieder benutzen kann. Ein Bad nehmen, auch wenn es viermal so viel kostet wie eine Dusche. Passt schon.
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