Steigender Ökostrom-Anteil: Sorge um Atomkraft
Immer mehr Ökostrom wird produziert. Der Energieversorger Eon sorgt sich um die Wirtschaftlichkeit seiner Atommeiler. Lohnt der Betrieb von AKW noch?
BERLIN dpa | Der größte deutsche Energieversorger Eon sorgt sich zunehmend um die Wirtschaftlichkeit seiner Atomkraftwerke in Deutschland. „Fakt ist, dass Kernkraftwerke durch die Kernbrennstoffsteuer momentan ganz überwiegend Geld für die Staatskasse verdienen“, sagte Eon-Vorstand Mike Winkel in Berlin.
Der Bild-Zeitung sagte Winkel zudem: „Wir prüfen laufend, ob sich der Betrieb unserer Kraftwerke, auch der Kernkraftwerke, noch lohnt." Hintergrund ist, dass durch den Ökostrom-Anteil von bereits 25 Prozent die Großhandelspreise von über 50 auf 35 bis 37 Euro die Megawattstunde gefallen sind.
Auch frühere Stilllegungen sind laut Fachleuten nicht mehr als ausgeschlossen. Ein Eon-Sprecher betonte aber auf Anfrage: „Stilllegungen von Kernkraftwerken stehen derzeit nicht zur Debatte.“ Eon betreibt noch die Meiler Grafenrheinfeld, Isar 2, Grohnde und Brokdorf, die wie die anderen verbliebenen fünf AKW schrittweise bis 2022 vom Netz gehen sollen.
Da die Anlagen bisher als systemrelevant gelten, könnte ein früheres Aus untersagt werden – dann müssten über den Strompreis aber Sondervergütungen für den Weiterbetrieb der entsprechenden Atommeiler gezahlt werden.
„Viele Kosten werden der Gesellschaft aufgebürdet“
Nach der Bundestagswahl soll ein neues Marktdesign beraten werden. Um weiter genug Kraftwerke als Puffer bei wenig Sonne und Wind zu haben, wird über Prämien für das Bereitstellen einer gesicherten Leistung diskutiert. Eon-Vorstand Winkel sagte, künftig brauche man kleinere, flexiblere Einheiten, die auf die Wetterschwankungen reagieren. „Die Zeit der Mehrblockstandorte neigt sich dem Ende zu.“
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“, sagte: „Wenn Eon über mangelnde Wirtschaftlichkeit seiner AKW klagt, dann wollen sie diese natürlich nicht abschalten, sondern eine Änderung der Rahmenbedingungen, um mehr Geld damit verdienen zu können.“
Atomkraftwerke seien überhaupt nur deshalb noch einträglich für die Energiekonzerne, weil viele Kosten der Gesellschaft aufgebürdet würden. „Die Atomkraftwerke werden angesichts des Wachstums der Erneuerbaren Energien und der massiven Überkapazitäten im konventionellen Kraftwerkspark nicht mehr benötigt“, sagte Stay.
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Es gibt nicht den geringsten Grund, Atomkraftwerke als "systemrelevant" einzustufen und deshalb etwa ein früheres Aus zu untersagen. Das sind nur verzweifelte Spekulationen eines sterbenden Stromriesen, der gerne noch mal die Hand aufhalten möchte.
Wenn Atomkraftwerke systemrelevant wären, hätte man sie schon vor Jahrzehnten entschädigungslos verstaatlichen müssen, weil die Entsorgungslasten die Erträge um ein Vielfaches übersteigen werden.