Energie gedreht und gewendet: Nicht ohne Fossilien
Bürgermeister Scholz (SPD) schwärmt vom Kraftwerk Moorburg und streitet sich mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) übers Energiegesetz.
Olaf Scholz sieht die Sache ganz nüchtern. „Wir müssen auch fossile Kapazitäten haben“, stellte Hamburgs SPD-Bürgermeister am Montag auf einer Podiumsdiskussion über die Energiewende im Norden in der Handelskammer klar. Und deshalb freue er sich, Anfang nächsten Jahres „ein hochleistungsfähiges, hocheffizientes und hochlukratives Kraftwerk“ den Betrieb aufnehmen zu sehen: Scholz spricht vom Steinkohlekraftwerk Moorburg des Energiekonzerns Vattenfall an der Süderelbe. Dieser Kohlemeiler sei „notwendig für die sichere Stromversorgung Hamburgs“, so Scholz.
Dabei ist das Kraftwerk höchst umstritten. Kritiker lehnen die Anlage ab, weil sie eine große Menge des Klimagases Kohlendioxid ausstoßen wird. Ein Kraftwerk dieser Größe, so die Kritik von Umweltverbänden, blockiere die Energiewende und beeinträchtige wegen seines Kühlwasserbedarfs die Elbe. Dessen Entnahme aus dem Fluss hat das Oberverwaltungsgericht zum Schutz der Elbe vorerst gestoppt, das höchstinstanzliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig steht noch aus.
Scholz schwärmte zudem vom neuen Gas und Dampfturbinenkraftwerk von Vattenfall in Wedel, das dort das alte Kohlekraftwerk ersetzen soll. Zusammen mit einem Speicher, der überschüssigen Windstrom zur Erzeugung von Fernwärme einsetzt, sei das Kraftwerk „hochmodern“. Das gelte auch für die neue Gasspeicheranlage am Gaskraftwerk Reitbrook. „Hamburg wird schon bald über die größten Speicherkapazitäten aller europäischen Großstädte verfügen“, kündigte Scholz an.
Gegen einen vollständigen Rückkauf der Energienetze durch die Stadt sprach sich Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer aus. Eine Rekommunalisierung bringe keinen Mehrwert für Klimaschutz, Versorgungssicherheit oder Verbraucherpreise, sagte Melsheimer. Scholz verwies darauf, dass die Stadt zusätzlich zwei Milliarden Euro Schulden für den Rückkauf machen müsse. Ob dieses Geld je durch entsprechende Renditen ausgeglichen werden könne, sei offen. „Ich rate davon ab“, mahnte Scholz im Hinblick auf den Volksentscheid über die Rekommunalisierung im September.
Einen Disput lieferte er sich mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Altmaier will seine Idee einer „Strompreisbremse“, mit der er zu Jahresbeginn scheiterte, nach der Bundestagswahl wieder aufwärmen: „Die EEG-Umlage muss angepasst werden“, so Altmaier. Scholz hingegen lehnt eine Senkung der Umlage ab und fordert Klarheit für private Verbraucher, für Investoren in Windkraftanlagen sowie die Befreiung von der Umlage für energieintensive Industrieunternehmen: „Die Energiewende darf nicht abgewürgt werden.“
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