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Endlager für AtommüllDie Suche ist eröffnet

Jetzt wird wieder bundesweit nach einem Endlager für radioaktiven Müll gesucht. Die neue grün-rote Koalition in Baden-Württemberg macht Druck.

Erkundung in Gorleben. Bild: dapd

BERLIN taz | Wo lässt sich Atommüll für die Zeit von einer Million Jahre sicher lagern? Auch wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung schneller aus der Atomkraft aussteigen sollte - diese Frage bleibt offen. Und der Atommüll nimmt zu. Das hat in der aktuellen Debatte bisher keine Rolle gespielt. In dieser Woche ändert sich das.

Im Koalitionsvertrag, den die neue grün-rote Koalition in Baden-Württemberg jetzt vorgelegt hat, heißt es: "Wir treten für ein ergebnisoffenes, bundesweites Suchverfahren ein." Der Satz bringt Bewegung in die Suche nach einem Endlager. Sie beschäftigte schon vier Bundesregierungen über zehn Legislaturperioden - keine kam weiter.

Die Unionspolitiker in Baden-Württemberg und Bayern weigerten sich, über einen Standort im Süden nachzudenken. Sie wollten keinen Aufruhr unter den Wählern. So wurde außer dem Salzstock im niedersächsischen Gorleben kein weiterer Standort in Betracht gezogen.

Der einstige Umweltminister Jürgen Trittin von den Grünen und sein SPD-Nachfolger Sigmar Gabriel ließen die Arbeiten dort für Jahre ruhen. Trotz massiver Proteste vor Ort nahm sie die schwarz-gelbe Bundesregierung aber im letzten Jahr wieder auf. Und das obwohl es einen Verdacht gibt, dem derzeit auch ein Untersuchungsausschuss im Bundestag nachgeht: Bei der Auswahl vor über dreißig Jahren sollen Bedenken von Geologen ignoriert, soll getrickst worden sein.

Sich auf Gorleben festzulegen, hält Wolfram König vom Bundesamt für Strahlenschutz seit Langem für falsch. Gestern erklärte der oberste deutsche Strahlenexperte: "Am Anfang muss ein systematisches Verfahren anhand fachlicher Kriterien stehen. Auf dieser Basis können dann untersuchungswürdige Standorte benannt werden." Dies sei aber nicht Aufgabe der Länder, sondern des Bundes.

Auch Granit kann geeignet sein

Neben Salz, das im Norden Deutschlands vorkommt, gelten Tonschichten als geeignet. Passende Schichten gibt es in Baden-Württemberg und Bayern, aber auch im Norden. Auch Granit kommt in Frage, der beispielsweise im Fichtelgebirge zu finden ist. Entscheidend sind jedoch immer die regionalen Besonderheiten, etwa die Gesteine in unmittelbarer Umgebung.

"Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Frage der Zwischen- und Endlagerung Teil eines nationalen Energiekonsens in Deutschland würde", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen, CDU. Ein Konsens wäre wohl nur möglich, wenn es ein Abrücken von Gorleben gäbe: Vor allem die Grünen halten den Standort für ungeeignet.

Röttgen will die Müllfrage in die Gespräche mit den Ministerpräsidenten der Länder zum neuen Energiekonzept einbringen. Der niedersächsische CDU-Fraktionschef Björn Thümler hat allerdings schon erklärt, dass Niedersachsen bei einer Suche nach weiteren Endlagerstandorten ausgeschlossen werden müsse: Bislang habe nur Niedersachsen Verantwortung übernommen. Es sei aber nicht Atommüllplatz der Republik. Mitte Juni soll das Gesetzespaket zum Atomausstieg stehen.

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6 Kommentare

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  • F
    forenschwein

    Stimme rumpelstilzchen zu: unter den Bundestag mit dem Zeug, und zwar die gesamte Ladung.

     

    Da ist es goldrichtig untergebracht, naemlich unter den Hintern derjenigen, die bislang diese unglaublich verantwortungslose Politik betrieben haben.

     

    Vielleicht verhilft das moeglicherweise leicht unangenehme Gefuehl auf strahlendem Muell zu sitzen den Herrschaften dazu, in Zukunft etwas schneller und gruendlicher nachzudenken:)

     

    Klar, Fukushima kann bei "uns" natuerlich nicht passieren, so bloed wie die Japaner und so clever wie wir sind :) - aber die ungeloeste und genau genommen von wirklich keinem Menschen und keiner Regierung wirklich verantwortbare Endlagerungsproblematik allein sollte auch noch den hartgesottensten Befuerworter nachdenklich stimmen.

  • T
    Toby

    @Bernd Nockemann

    Ja. Das habe ich mich auch gefragt. Und ich tendiere zu oberirdisch. Ich denke, in beiden Fällen wird es zur Haverie kommen. Das ist eine Frage der Zeit. Aber bei der oberirdischen Lagerung wäre es wahrscheinlicher, daß es jemand merkt. Man muß ja in der Tat bedenken, daß irgendwann eine Zeit kommen wird, in der niemand mehr die Zeichen an der Wand wird lesen können, die wir hinterlassen. In zwei- oder viertausend jahren. Und vorher wird eine Zeit kommen, in der man nachlässig werden wird und aufhört, zu messen und zu kontrollieren, obwohl man noch um das Lager weiß. So in fünfzig oder sechzig Jahren.

    Wir kennen uns doch.

  • BS
    Bernd Schlüter

    Die Idee, für die Artikel der Taz selbstgewählte Beträge zur Finanzierung der Zeitung einsetzen zu können, finde ich famos. Jetzt muss ich das nur noch umsetzen...

    Das sichere Endlager wird man in unserem Lande nicht finden, es sei denn, man betrügt sich. Weder aus einem Granitlager noch aus Salzstöcken kann man die Zerfallswärme nicht sicher abführen. Alle Grundwasserströme führen ins Meer.

    Die USA haben die Suche nach sicheren Lagerstätten längst aufgegeben. Dabei verfügen sie über ein weit größeres land als wir.

    Für uns bleibt auf Dauer nur die Einleitung in die Nordsee und die Vergiftung des Wattenmeers.

  • R
    rumpelstilzchen

    untern kanzleramt den ganzen mist und mutti oben druff, mit guido daneben, rösler als gartenzwerg, brüderle spielt die fachkompetenz und gutti verkauft dem volk das alles. was für eine soap wäre das. in berlin würde das alles gar nicht auffallen, normalzustand!

  • V
    vic

    Wrum sollte für den nuklearen Dreck einer ganzen Nation nur ein Bundesland zuständig sein?

    Kretschmanns Einstellung dazu ist daher nur konsequent, wenn sie mir als Baden-Württemberger auch nicht gefällt. Das wird Schwierigkeiten geben, so viel ist klar.

    Ich bin nur gespannt, wie das umgesetzt werden soll. Vermutlich wird an jedem potentiellen Standort erstmal "probehalber" gelagert?

  • BN
    Bernd Nockemann

    Ich frage mich seit einiger Zeit, ob der Atommüll wirklich unterirdisch gelagert werden muss. Bei einer Lagerungszeit von zehntausenden von Jahren ist ja ein Hauptproblem die Information über die Gefährlichkeit aufrecht zu erhalten. In 10.000 Jahren gibt es niemanden mehr, der deutsch oder englisch redet! Keine staatliche Institution, die wir heute kennen, existiert dann noch, keine UNO, keine Atomaufsicht, kein Staat, nichts, alles wird anders sein! Nur religiöse Institutionen hätten eine Chance solche Zeiträume zu überstehen. Brauchen wir also eine Atompriesterschaft? Hört sich absurd an. Meines Erachtens hat man eine viel bessere Chance, den Müll dauerhaft zu sichern, wenn er mit seiner ganzen Gefährlichkeit im Blickfeld bleibt. Über der Erde!