Ende gut, alles gut am Postbank-Tower: Der Showdown des Florian Schmidt

Im kommenden Jahr kann mit dem Bau am Halleschen Ufer in Kreuzberg begonnen werden. Ein Erfolg für den grünen Baustadtrat und seine Hartnäckigkeit.

Man sieht ein Hochhaus

Der 90 Meter hohe ehemalige Postbankturm am Halleschen Ufer Foto: imago stock

Jetzt kann es also losgehen. 400 Wohnungen, ein gemischtes Stadtquartier mit Kita und Spielplatz, ein neuer Impuls für den lange vernachlässigten Kreuzberger Süden. Rund um den Postbank-Tower, meldeten Bausenator Sebastian Scheel (Linke), die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo und der Kölner Projektentwickler Art Invest vergangene Woche, sei Baureife geschaffen. Damit kann im kommenden Jahr mit der Bebauung des 35.600 Quadratmeter großen Areals am Halleschen Ufer 40–60 begonnen werden.

Das ist eine Erfolgsgeschichte, die vor mehr als zwei Jahren noch nicht absehbar gewesen war. Und sie hat viel mit einem Politiker zu tun, der wegen seiner Hartnäckigkeit an vielen Stellen aneckt.

Der Showdown, den sich Florian Schmidt, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, am Postbank-Areal aber mit Christoph Gröner geliefert hat, war selbst für Kreuzberger Verhältnisse bemerkenswert gewesen.

Es war der August 2018, als Gröner, der millionenschwere Eigentümer der CG Gruppe, zu in Immobilienkreisen eher ungewöhnlichen Maßnahmen gegriffen hatte. Auf den 90 Meter hohen Turm des ehemaligen Westberliner Postscheckamts ließ er ein Banner anbringen. „Hier verhindert Rot-Rot-Grün 623 Wohnungen, davon 182 geförderte Einheiten und 55 preisgedämpfte Einheiten“, stand da zu lesen.

Der Dschungel auf dem Dragoner-Areal bleibt. Das hat am Donnerstag das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg klargestellt. „Klar ist bereits jetzt, dass die ursprünglich vorgesehene Bebauung auf dem Rathausgrundstück reduziert wird und erhaltenswerte Bäume geschützt werden“, heißt es in einer Erklärung. Das betreffe auch die „Dschungel“ genannte Baumgruppe. Das Bezirksamt reagierte damit auf Proteste der „Initiative für Stadtnatur und Wachstumswende“, die am Montag 650 Unterschriften übergeben hatte. Die Gruppe fordert den Erhalt der Rathausgrünfläche. (wera)

Aber eigentlich richtete sich die Unmutsäußerung nicht gegen Rot-Rot-Grün, sondern gegen Florian Schmidt. Der hatte Gröners Vorhaben auf Eis gelegt, weil die CG-Gruppe die Zahl der vereinbarten Wohnungen eigenmächtig von 710 auf 623 verringert hatte. Der Bedarf an Gewerbeflächen sei größer, so lautete die Begründung.

Als Reaktion auf das „Njet“ aus dem Rathaus Kreuzberg hatte Gröner nicht nur das Banner aufgehängt. Auch den eigentlich vertraulichen E-Mail-Wechsel mit Schmidt hatte er öffentlich gemacht. „Sie sind Zeugnis politischer Umstände, die es zu bekämpfen gilt“, schrieb er etwa an den Baustadtrat, „und ich habe mir vorgenommen, mich ganz darauf zu konzentrieren.“

Hier der gute Investor, dort der halsstarrige Bezirksstadtrat, der nicht nur die guten Taten der Immobilienbranche nicht zu schätzen weiß, sondern auch nicht nachgibt, wenn diese mit rechtlichen Schritten droht.

Florian Schmidt ist nicht eingeknickt. Heute sagt er: „Wir haben an diesem Vorhaben gezeigt, dass wir uns mit dem Primat der Politik durchsetzen und uns nicht erpressen lassen.“

Tatsächlich hat Gröner nicht, wie in einer weiteren Mail angekündigt, den Gesprächsfaden mit Schmidt zerrissen, sondern hinter den Kulissen weiterverhandelt. Schon im November 2018 war eine Lösung für das Postbank-Gelände gefunden.

Die CG behielt den Turm, in dem sie nun Gewerbeflächen entwickeln wollte. Die Baufelder verkaufte Gröner an die Degewo für den Wohnungsbau. Im Januar 2019 kam dann das endgültige Aus für die CG-Gruppe in Kreuzberg, die schließlich auch den Turm an die Kölner Art Invest verkaufte.

Dennoch gibt es da diese Differenz zwischen den 623 Wohnungen, die Gröner bauen wollte, und den nun geplanten 400 Wohnungen, von denen die Degewo 320 und die Art-Invest 80 bauen will. Betrachtet man allerdings nicht nur die Zahl der Wohnungen, sondern auch die Fläche, sieht die Rechnung anders aus. Denn der „XBerg-Tower“, den Gröner in seinem neuen Quartier „HYMAT“ umbauen wollte, sollte vor allem luxuriöse Mini-Appartments beherbergen.

Das schlug sich in der Gesamtsumme auch auf die Flächen der Sozialwohnungen nieder, die entstehen sollten. Bei der CG waren es am Ende nur noch 17.000 Quadratmeter gewesen. Nun sind es aber 29.000 Quadratmeter. Von den 320 Wohnungen der Degewo werden 244 preisgebunden sein.

Vor allem aber entstehen keine Luxuswohnungen. „Dafür gibt es in der Gegend keinen Bedarf“, ist Schmidt nach wie vor überzeugt. „Das würde nur die Preise in die Höhe treiben.“

Den damaligen Showdown sieht Schmidt heute auch etwas mit Humor. „Gröner ist eine Gestalt, wie es sie in Immobilienkreisen nur noch selten gibt“, sagt er. „Er agiert offensiv, sucht den Konflikt, macht ihn öffentlich.“ In Schmidt hat er damit den passenden Kontrahenten gefunden. „Dass Gröner den Konflikt öffentlich gemacht hat, war durchaus auch in meinem Sinne“, sagt er der taz.

In einem aber ist Christoph Gröner durchaus ein typischer Vertreter seines Fachs. Im März spendete er 300.000 Euro an die Berliner CDU. Die will nach der jüngsten Schlappe bei der Staatsanwaltschaft nun einen Untersuchungsausschuss gegen die Vorkaufspolitik von Florian Schmidt einsetzen. Das nächste Plakat gegen Florian Schmidt dürfte also schon finanziert sein.

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