Ende des Verzichts: Die Ideen des Merz nach dem Dry January im Februar
Das Ende des Abstinenzmonats läutet Friedrich Merz mit einem wahlkämpferischen Amoklauf ein. Und gibt damit Wasser auf die blauen Mühlen.
S prechen wir zumindest an dieser Stelle ein letztes Mal für dieses Jahr über Verzicht. Ab einem gewissen Alter wird durch Verzicht nichts mehr besser, es wird nur weniger schlecht – das auf der persönlichen Ebene. Politpsychologisch gesehen könnte der Amoklauf des Friedrich Merz zum Ende des trockenen Monats wohl als Überreaktion interpretiert werden, als Einbrechen kurz vor Ende der Abstinenz.
Jemand, der den dauernüchternen Markus Söder am dürren Podex sitzen hat wie ein dickes, eitriges Wimmerl, kann wohl nicht lange still sitzen, sondern muss sparifankerlhaft rumzappeln – am Ende kommt dann halt wie bei Elon Musk ein Hitlergruß raus.
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Wobei wir uns keinen Illusionen mehr hingeben können. Eine Mehrheit der Wahlberechtigten sieht das Hauptproblem der deutschen Gegenwart:
– nicht in der Unfähigkeit und dem Unwillen der Ordnungskräfte, eine öffentlich Veranstaltung wie den Weihnachtsmarkt in Magdeburg adäquat zu schützen, obwohl einschlägige Erfahrungen mit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vorlagen. Die Arbeitsverweigerung der für die öffentliche Sicherheit Zuständigen kommt auch in anderen Bereichen (Verkehr) inzwischen mindestens einem Bummelstreik, wenn nicht schon einem Putsch gleich. Die offizielle Sprachregelung aus dem Baukasten der Betulichkeitssprache lautet dabei: Überforderung. Wer sich allerdings überfordert fühlt, der sollte nicht bei der Polizei arbeiten – noch bietet der Arbeitsmark genügend Alternativen.
– nicht in der fatalen Wirkung der rechtsextremen und rechtshysterischen Propaganda auf psychisch Kranke wie die Amokläufer von Magdeburg und Aschaffenburg. Fast jede Äußerung der Merz/Linnemann/Dobrindt-Union ist wie ein Schuss Aceton in das von der AfD ohnehin schon stark verunreinigte öffentliche Klima.
– nicht in der real existierenden Entindustrialisierung Deutschlands, der nur ein Innovations- und Investitionsschub helfen kann; und zwar nach vorne, nicht rückwärts Richtung Verbrennung der vom natürlichen Kreislauf ausgeschiedenen Gifte Öl, Gas, Kohle etc.
– nicht schließlich in den für tatsächlich jeden Menschen klar zu erkennenden Herausforderungen des Klimawandels. Dessen Opfer – sogar, wenn nicht fern im Süden, unmittelbar vor der eignen Haustür getötet – werden mit der gleichen emotionalen Kälte hingenommen wie die von den Autofahrern regelmäßig veranstalteten Massaker an wehrlosen Fußgängern.
Und einen weiteren Fehler sollten wir auch nicht begehen. Nämlich im Land der Menschen, die Auschwitz erfunden haben, uns mit der Hoffnung betrügen, gewisse Dinge gingen eh nicht, weil sie, wie in letzter Zeit als Argument gegen Unmenschlichkeiten oft zu hören, (europa)rechtlich nicht zulässig oder mit dem Grundgesetz nicht vereinbar seien. Wenn Auschwitz ging, geht auch Remigration – das ist die Überzeugung der AfD.
Aber täuschen wir uns auch hier nicht: Der historische Zyklus, in dem die Lektionen von Faschismus, Krieg und Holocaust die Irren und Gemeinen noch mäßigen konnten – er ist vorbei. Der Vorrat an Erfahrung ist aufgebraucht, ein von 50 Jahren Neoliberalismus ausgepowerter Westen hat wieder Lust auf Totentanz – auch und gerade, weil es der endgültig letzte sein dürfte. Darauf jetzt im Februar wenigstens wieder einen Dujardin!
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