piwik no script img

Ende der Seehafen-KonkurrenzLetzter Wettkampf im Schlickbuddeln

Wenn der Jade-Weser-Port in Betrieb gegangen ist, gibt es keinen Grund mehr für das Ausbaggern der Flüsse, sagen Umweltschützer. Hamburg hat es eilig.

Noch muss Hamburg den Tiefwasserhafen-Konkurrenz in Wilhelmshaven nicht fürchten. Bild: dpa

BREMEN taz | Hafenbau ist eine Jahrhundertaufgabe. Wie groß der Erfolg des am Freitag eröffneten Jade-Weser-Ports sein wird, das kann man vielleicht in 30 oder 50 Jahren abschätzen. Zur Erinnerung: Als der Bremer Bürgermeister Johann Smidt im Jahre 1827 an der Geestemündung, wo bis dahin nur ein „hannoverscher Nothafen“ bestand, den neuen „Bremer Haven“ gründete, da gab es nicht einmal die Stadt „Bremerhaven“.

Aber die Weser versandete, und die Fahrrinne wurde bei den stadtbremischen Hafenbecken zu flach. Heute ist Bremerhaven mit 5,6 Millionen „Standard-Containern“ (TEU) nach Hamburg der zweitgrößte Containerhafen Deutschlands. Hamburg jedoch hat den Schritt an die Nordseeküste nie gewagt, und deswegen soll nun wieder die Elbe vertieft werden.

Dass auch Hamburg für den Tag gerüstet sein müsse, an dem die Elbe nicht weiter vertieft werden kann, das hatte offenbar dem Bürgermeister Ortwin Runde geschwant. Er unterschrieb im Oktober 2000 mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel und dem Bremer Bürgermeister Henning Scherf (alle SPD) die Idee, gemeinsam einen Tiefwasserhafen an der Nordseeküste zu bauen. Der genaue Ort war damals noch offen.

Gabriel sprach schon von dem „Ende einer jahrhundertealten Fehde“ zwischen den beiden großen Hansestädten. Bis 2002 hielt der Vorsatz – da regierte in Hamburg der CDU-Bürgermeister Ole von Beust und erklärte, er werde nicht mehr mitmachen, wenn Wilhelmshaven den Zuschlag bekommen sollte und nicht Cuxhaven vor den Toren Hamburgs. Bremen und Niedersachsen verfolgten das Projekt fortan allein weiter.

Nationales Konzept gefordert

Umweltschützer und Grüne sehen Wilhelmshaven längst als Alternative zum weiteren Ausbaggern der Flüsse und fordern ein nationales Seehafenkonzept. „Der ökologische Preis für diesen Hafen war hoch“, räumt der WWF etwa ein, „er ist nur zu rechtfertigen, wenn Elbe und Weser nicht weiter ausgebaggert werden, um dieselben großen Containerschiffe nach Hamburg und Bremerhaven zu locken“.

Insgesamt 46 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick wurden für den Bau des neuen Hafens bewegt und aufgespült. Allein für die letzte Elbvertiefung sollen demnächst 42 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick aus dem Fluss gebaggert werden, um die Fahrrinne für große Containerschiffe nach Hamburg zu vertiefen. „Es ist ökologischer Irrsinn, wenn die Umwelt für einen ruinösen Wettbewerb der Bundesländer doppelt und dreifach zahlen muss“, findet WWF-Frau Beatrice Claus.

Noch muss Hamburg den Tiefwasserhafen nicht fürchten. „In Hamburg sitzen alle großen Reedereien mit ihren Europazentralen. Keine wird umziehen nach Wilhelmshaven. Zudem sitzen in Hamburg 400 chinesische Unternehmen, die importieren und exportieren, und 50 japanische Unternehmen“, erklärt Eurogate-Chef Emanuel Schiffer die Lage.

In Hamburg werden zudem 30 Prozent der Container ausgepackt – dreimal so viele wie in Bremen. Auch das ist ein wichtiger Standortvorteil für Hamburg. Schiffer nutzt ihn – er ist mit seiner Eurokai auch in Hamburg präsent.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • KB
    Klaus Bärbel

    Liebe tazlerInnen,

    bitte reproduziert nicht die Loco-Lüge der Hamburger Politik, 30% des(Container)Umschlags, die sogenannte "Loco-Quote", habe Ziel oder Quelle in Hamburg.

    Die Hamburg Port Authority (HPA) hatte das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL)

    und Global Insight (GII) mit einer "Studie zur Bestimmung der Marktposition des Hafens Hamburg

    in europäischen Hinterland- und Transhipmentregionen" beauftragt. Im untersuchten Jahr 2005 wurden 8,1 Mio. Containereinheiten (TEU) umgeschlagen (2011 waren es 9,0 Mio. TEU) . Davon wurden nur 200.000 TEU direkt zu oder von Zielen in der Metropolregion geschickt (die reicht von Cuxhaven bis ins Wendland). Weitere 300.000 TEU wurden erst im Hafen umgestaut und die Fracht dann in der Metropolregion verteilt. Korrekt gerechnet beträgt die Loco-Quote des Containerumschlags in Hamburg also 6%. In Wilhelmshaven wird der Anteil allerdings noch geringer ausfallen. Das Geschäftsmodell beider Häfen ist die "Logistische Drehscheibe", keiner der beiden Häfen dient in erster Linie seiner Stadt.

    Mit freundlichem Gruß

    Klaus B.