Elternsprecherin über Handyverbote: „Sperren kann man locker umgehen“
Soll man unter 14-Jährigen das Smartphone verbieten, weil damit pornografische Inhalte verschickt werden können? Nein, sagt Elternsprecherin Schwenter.
taz: Frau Schwenter, die Missbrauchsexpertin Julia von Weiler, die auch die Bundesregierung berät, fordert ein Smartphoneverbot für unter 14-Jährige – weil pornografische Inhalte schon von Jüngeren verschickt werden. Ist das realistisch?
Ulrike Schwenter: Nein. Die Digitalisierung schreitet rasant voran, vor allem in der Schule. In Brandenburg läuft gerade das Pilotprojekt Schulcloud, bei dem beispielsweise Unterrichtshilfen und Aufgaben in eine Cloud gestellt werden, die sich die Schülerinnen und Schüler runterladen können. Dabei werden Smartphones direkt in den Unterricht integriert.
Auch schon bei jüngeren Kindern?
Auch schon bei Jüngeren. 12- bis 14-Jährige sind bereits Teenager, die lassen sich das Smartphone doch nicht verbieten.
Wie wahrscheinlich ist es, dass schon 9-Jährige pornografische Inhalte auf dem Smartphone hochladen, verschicken oder gar selber produzieren?
Das passiert schon. Da wird auf Schultoiletten heimlich gefilmt und das Video dann an andere verschickt. Gleichwohl haben Kinder heute wesentlich früher mit pornografischen und sexuellen Inhalten zu tun als früher – ob sie das wollen oder nicht.
Wie das?
Wenn sie sich beispielsweise Videos auf dem Smartphone anschauen oder manche Seiten aufrufen, die keinen sexualisierten Hintergrund haben. Da ploppen im Hintergrund Bilder oder Clips mit sexuellen Handlungen auf.
Ulrike Schwenter, 57, ist Vorstand des Landeselternrates Brandenburg. Sie hat drei Kinder, 27, 20 und 18 Jahre, und mehrere Enkelkinder.
Kann man das nicht sperren?
Kann man. Genau wie Erwachsene Kindersicherungen oder Filter auf dem Smartphone ihrer Töchter und Söhne installieren könnten. Aber viele Kinder und Jugendliche sind heute so versiert mit der Technik, dass sie solche Sperren locker umgehen oder neue Kanäle suchen und finden, um bestimmte Inhalte trotz Sperre sehen zu können.
Die Polizei beklagt, dass sie häufiger als früher in Schulen gerufen wird, um derlei Vorfälle aufzuklären. In Berlin etwa alle zwei Wochen.
Möglicherweise ist das Thema inzwischen prominenter und die Menschen sind sensibler geworden. Andererseits ist schon lange bekannt, dass Sexting, also das Texten sexuell konnotierter Nachrichten, das Anschauen sowie das Verbreiten von Dateien und Mitteilungen mit pornografischem Inhalt unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet ist. Der Brandenburger Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger weist seit drei Jahren verstärkt darauf hin.
Wer ist für digitale Bildung zuständig?
Alle sind gefragt, Schule, Medien, Eltern. Wobei ich immer wieder überrascht bin, wie wenig zugänglich sich junge Eltern gegenüber diesem Thema zeigen. Ich dachte stets, gerade die jungen sogenannten digital Natives sind besonders sensibel für die Gefahren, die das Internet eben auch bietet. Viele scheinen aber gar nicht Bescheid zu wissen, andere zeigen wenig Interesse daran und scheuen den Zeitaufwand und bei Restiktionen die Konfrontation mit den eigenen Kindern.
Ja, das ist anstrengend.
Doch was nutzt es, wenn Eltern immer nur die besten Freunde der Kinder sein wollen? Wenn sie beispielsweise nie sagen: Beim Essen bleibt das Smartphone in der Tasche. Oder: Nachts ist mal Schluss mit dem Surfen.
Also doch ein Verbot?
Nein. Nur eindeutige Grenzen.
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