Eltern-Kind-Kuren: Kämpfen um die Kur lohnt sich
Immer mehr Mütter und zunehmend auch Väter wollen ihren Rechtsanspruch auf eine Kur bei Erschöpfung einlösen. Dadurch verlängert sich die Wartezeit für alle
200 persönliche Gespräche führt sie im Jahr, 1.000 mal informiert sie jährlich am Telefon, auch ÄrztInnen oder andere Beratungseinrichtungen. „Die Nachfrage ist sehr hoch“, sagt Kronsbein, deshalb gebe es Wartezeiten bis zu einem halben Jahr, je nachdem, wie begehrt eine Einrichtung ist.
Die meisten positiven Rückmeldungen bekomme sie aus kleinen, persönlich geführten Kurkliniken, sagt Kronsbein. Zwischen 25 und 50 Mütter nähmen etwa die Häuser auf, die das Genesungswerk selbst betreibt. „Die Frauen sagen mir, sie fühlten sich dort gesehen.“ Andere Kurkliniken hingen bieten über 100 Plätze für Erwachsene – plus Kinder.
Nicht immer aber können sich Kurinteressierte die Klinik aussuchen, weil viele Krankenversicherungen nur für Einrichtungen zahlen, mit denen sie Verträge abgeschlossen haben. „Das dürfen sie, auch wenn es dem Wahlrecht widerspricht“, sagt Kronsbein. Manchmal aber lohne sich „der Kampf mit der Kasse“, wie die Beraterin es nennt, dann akzeptiere die Versicherung doch die Begründung, warum eine Antragstellerin eine bestimmte Kur in einer Klinik brauche. Das sei letztendlich auch im Interesse der Kasse, sagt Kronsbein. „Der Kurerfolg hängt maßgeblich von der Zufriedenheit ab.“
Mittlerweile würden sich auch Väter zunehmend für die Eltern-Kind-Kuren interessieren, hat Kronsbein erlebt. „Es gibt viele Alleinerziehende oder die Mutter der Kinder ist krank.“ Es gibt allerdings nach ihrem Wissen nur eine einzige Klinik, die Kuren nur für Männer und ihre Kinder anbietet, eine weitere habe Kuren für Väter ohne Kinder im Programm.
Nach einer Trennung von der Mutter seiner beiden Kinder habe er sich nur eine Kur „unter Männern“ vorstellen können, erzählt ein Vater, der anonym bleiben möchte. „Die meisten anderen Väter waren in einer ähnlichen Situation wie ich oder waren verwitwet“, sagt er. Und dass er jetzt, ein halbes Jahr später, immer noch von der gemeinsamen Zeit zehren könne.
Kronsbein rät davon ab, gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin zu fahren – oder mit Freundinnen oder der Schwester. „Es fällt leichter, sich auf die Angebote und die anderen Eltern einzulassen, wenn man alleine ist.“ Eine Ausnahme seien Kuren für Eltern von behinderten Kindern, die alleine zu anstrengend wären.
Claudia Kronsbein,Müttergenesungswerk
Weil die Krankenversicherungen einen Eigenanteil verlangen, auch von SozialhilfeempfängerInnen, und nicht alle Kosten übernehmen, die vor Ort etwa für Schwimmbadbenutzung, Ausflüge und Radverleih anfallen, sammelt das Müttergenesungswerk bis zum 15. Mai Spenden. Schirmherrin ist Alexia Sieling, die Ehefrau von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). „Als berufstätige Mutter von drei Kindern kenne ich die Herausforderungen im Alltag sehr gut und weiß, dass Frauen dem Druck der dauerhaften Mehrfachbelastung – oftmals als Alleinerziehende – ausgesetzt sind“, sagt sie.
Wie gut eine Kur tut, hat die Breminale-Macherin Susanne von Essen erlebt. Die selbständige Kulturmanagerin ist Mutter von drei Kindern zwischen sechs und 14 und war im November erstmals drei Wochen auf Kur. „Daran gedacht habe ich immer mal“, erzählt die 44-Jährige, „aber als Freiberuflerin denkst du immer, ‚ach, da geht noch was‘.“
Was sie am meisten erstaunt hat, war die positive Reaktion aller, denen sie vorher davon erzählt hat. „Da kam nicht einmal ein blöder Spruch nach dem Motto ‚das hast du doch gar nicht nötig‘.“ Auch in der Schule ihrer beiden jüngeren Kinder habe sie gehört „oh, toll, genießen Sie die Zeit“. Im Nachhinein frage sie sich, warum sie das nicht viel früher gemacht hat. „In Deutschland gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Kur, das ist eine echte Anerkennung der Leistung von Eltern.“
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