piwik no script img

Elon Musk vs. Bernie SandersKrieg der Sterne

US-Senator Bernie Sanders kritisiert Elon Musk auf Twitter scharf. Während Musk vom Weltraum träumt, will Sanders die Probleme auf der Erde angehen.

Höher, weiter, schneller – besser? Foto: Hannibal Hanschke/reuters

Nach derzeitigem Ermessen ist es naturwissenschaftlich ausgeschlossen, dass Menschen – bei künstlicher Intelligenz ist das was anderes – jemals andere erdähnliche Planeten erreichen werden. Der nächstliegende Zentralstern eines Planetensystems, Proxima Centauri, liegt 4,2 Lichtjahre entfernt. Wenn wir auch nur in seine Nähe reisen wollten, um auf den dort möglicherweise vorzufindenden Zweiterden Flora und Fauna zu vernichten, Atomwaffen zu stationieren und eben überhaupt alles so radikal zu ruinieren wie wir es schon hienieden so lustvoll die letzten 10.000 Jahre hingekriegt haben – dann, ja dann, wären wir mindestens 6.000 Jahre lang unterwegs.

Warum also beschäftigt sich die gegenwärtige Menschheit mit einem so sinnlosen Unterfangen? Weil, schreibt der italienische Soziologe und Physiker Marco d’Eramo in seinem neuen Buch „Dominio“, der Kapitalismus eine Ideologie ist, die nach grenzenlosem Wachstum verlangt, die Erde aber rund und endlich ist. Im Neoliberalismus, einem System des „unsichtbaren Kriegs der Mächtigen gegen ihre Untertanen“, wie der Untertitel von d’Eramos Buch lautet, könne diese Beschränktheit der Erde nur als unerträgliche Kä­fig­existenz betrachtet werden.

D’Eramo sieht die schmutzigen Unterhosen unter all dem glitzernden Entrepreneurschick, den vielleicht kein anderer so glänzend verkörpert wie Tesla-Chef Elon Musk. Der hatte kürzlich seine lächerlich besteuerte Reichtumsanhäufung damit gerechtfertigt, dass er Ressourcen ansammle, „um zu helfen, das Leben multiplanetarisch zu gestalten und das Licht des Bewusstseins auf die Sterne auszudehnen.“

Das Ausmaß der Ungleichheit

US-Senator Bernie Sanders forderte ihn daraufhin auf, ins Hier und Jetzt zurückzukehren, denn, so Sanders in einem Tweet: „Raumfahrt ist eine aufregende Idee, aber im Moment müssen wir uns auf die Erde konzentrieren und ein progressives Steuersystem schaffen, damit Kinder nicht hungern, Menschen nicht obdachlos sind und alle Amerikaner eine Gesundheitsversorgung haben. Das Ausmaß der Ungleichheit in Amerika ist obszön und eine Bedrohung für unsere Demokratie.“

Womit wir wieder bei d’Eramo sind, der in seinem Buch glänzend aufzeigt, mit welch ideologischer Aufrüstung die Reichen den Krieg gegen die Menschheit führen und bislang gewonnen haben. Auf Deutsch gibt es das Buch übrigens noch nicht, wichtiger als der nächste Marsflug wäre das allemal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wie sollte Kapitalismus ohne völkerrechtliches Subjekt zu sein, nach Wachstum verlangen? Nein, der inszeniert Illusionen von Wachstum computergesteuert hochfrequent im Handel mit Derivaten, EFTs auf Rohstoffe, Aktien, Indices, Devisen, besonders da, wo es keines gibt, damit Kapital durch Kreditaufnahme zulasten Dritter gehebelt durch Kreditvolumenblasen Wachstum vortäuscht, auch wenn dabei Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Atmosphäre Staaten Teile ganzer Kontinente zugrunde gehen, bei inzwischen 80 Millionen Geflüchteten inner-, außerhalb ihrer Heimatländer.



    Ich sehe Diskrepanz, durch Luftverschmutzung entrückt uns der Himmel mit seinen Sternen immer weiter weg, gleichzeitig versetzen sich Menschen in omnipotente Pose wie Elon Musk, Weltraum zu erobern, mit Menschen zu bevölkern. Das klingt nach obszöner Illusion, die wenigen illusionär hohen Kredit verschafft zulasten der Vielen, Kapital Hinterlassenschaft auf Erden von Menschenhand sich selber zu überlassen, z. B. Plastikmüll in Meeren, militärisch-zivil atomar strahlenden Giftmüll in Endlagern, ungesicherte AKW GAU Ruinen Tschernobyl, Fukushima, durch Menschheitsumsiedlung auf den Mond, künstliche Erdtrabanten?, andere Planeten. Referenzen für Weltraum anderen planetarischen Populationen gegenüber sehen anders aus. Bei Musk sind Illusionen Programm, Tesla Aktienkurse illusionär hoch, seine Bitcoin Milliarden nähren Verdacht, dass er Tesla Blase solange Bitcoin Hype sich fortsetzt in Bilanzen frisiert, durch Bitcoin Blockchain Technologie Mining vor allem von China aus auf Kohle Basis wird so viel Strom verbraucht wie Niederlande plus Schweiz. Bernie Sanders Buch Idee „Unsere Revolution“ 2016 sind ihm so fremd wie Böhmische Dörfer



    Das war einst anders, als Menschen Sternenhimmel so klar nah sichtbar war wie sonst nur der Boden unter den Füssen, sie mit den Sternen in Mythen, Religionen lebten, erste Wissenschaft sich Himmelskunde zuwandte, um Astronomie, Astrologie rankte, ohne diese erobern zu wollen.

  • Ich muss immer an die denken, die von Terraforming anderer Planeten schwadronieren. Eine technisch sicherlich reizvolle Idee. Was nützt sie aber, wenn wir ein Planet, das bestens terraformed ist nicht am Laufen halten können?

  • Den Wunsch, das Weltall zu erforschen als kranke Ausgeburt des Kapitalismus zu sehen, halte ich für eine sehr gewagte Behauptung. Forschungsdrang gibt es, seitdem der Mensch denken kann. Elon Musk hat recht, wenn er sein Vermögen in Weltraumforschung investieren will, Bernie sanders hat recht, die Probleme auf der Welt zu bekämpfen. Für beides ist übrigens genug Geld da.