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Elfter Jahrestag des SyrienkonfliktsBis heute herrscht Krieg

Viele Sy­re­r*in­nen erleben mit dem Ukraine-Krieg ein Déjà-Vu. Es mangelt an Nahrung und medizinischer Versorgung.

Im von Rebellen geführten Idlib feiert die Opposition den elften Jahrestag der syrischen Revolution Foto: Khalil Ashawi/reuters

Beirut/Berlin taz | In Syrien jähren sich dieser Tage elf Jahre Konflikt und Krieg. Am 15. März 2011 protestierten die ersten Sy­re­r:in­nen in der Hauptstadt Damaskus und der südsyrischen Stadt Dar’aa gegen die Diktatur von Präsident Baschar al-Assad. Teenager sprühten „Das Volk will den Sturz des Regimes“ an eine Wand, der Demonstration gegen ihre anschließende Verhaftung und Folterung schlossen sich noch mehr Menschen an. Am 18. März wurden fünf Protestierende von Sicherheitskräften erschossen, die ersten von mehreren hunderttausend Toten. Im Juli 2011 formten desertierte Angehörige des syrischen Militärs die Freie Syrische Armee als organisierte Rebellenbewegung. Der Krieg hatte begonnen.

Die Lage der Sy­re­r:in­nen hat sich seitdem kontinuierlich verschlechtert. Die Regierungsarmee ging brutal gegen die Zivilbevölkerung vor, 2013 starben Tausende von Menschen bei Chemiewaffenangriffen. Dschihadistische Gruppierungen kaperten Teile der Revolution, ab 2014 schwappte der „Islamische Staat“ aus dem Irak hinüber und gründete ein Kalifat auf syrischem Boden. Mit seinem Vetorecht im UN-Sicherheitsrat stimmte Russland mit China immer wieder gegen eine Intervention. 2015 stieg Russland schließlich selbst in den Krieg ein.

Das derzeitige Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine dürfte bei vielen Sy­re­r:in­nen ein schmerzhaftes Déjà-vu auslösen. In Syrien erprobte Russland seine Kriegsstrategie, nutzte die geächteten Cluster- und Aerosolbomben, griff Zivilisten an und machte ganze Stadtviertel dem Erdboden gleich. Und obwohl die Kämpfe weitgehend abgeflaut sind, ist der Krieg nicht vorbei: Im September 2021 dokumentierte Human Rights Watch insgesamt 46 syrisch-russische Luft- und Bodenangriffe in der von Rebellen geführten Stadt Idlib. Mindestens 224 Zi­vi­lis­t*in­nen starben, 561 wurden verletzt. Vor elf Tagen starben bei einem israelischen Drohnenangriff auf Damaskus zwei Zivilisten.

Einige Städte – darunter die Altstadt Aleppos, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört – sind bis heute zerstört, rund 6,8 Millionen Menschen außer Landes geflüchtet – ein Drittel der Vorkriegsbevölkerung – und mindestens 350.000 Menschen getötet worden, wobei die Dunkelziffer wohl deutlich höher liegt.

Auch wirtschaftlich geht es Syrien schlecht

Auch die Wirtschaft des Landes liegt am Boden. Syrien gehört zu den 10 Ländern mit der größten Ernährungsunsicherheit weltweit, sagt Joyce Msuya, stellvertretende Koordinatorin für humanitäre Hilfe der UN. Das Welternährungsprogramm (WFP) berechnet, dass ein Standard-Nahrungsmittelkorb in Syrien derzeit umgerechnet etwa 90 US-Dollar kostet – der höchste Preis seit Beginn der Aufzeichnungen des WFP zu Syrien im Jahr 2013. Der Durchschnittslohn für ungelernte Arbeitskräfte liegt bei etwa 3,80 Dollar am Tag. Wer also jeden Tag arbeitet, kann sich am Ende des Monats davon theoretisch nur einen einzigen Warenkorb leisten.

Auch Bildung ist kein Garant für materielle Sicherheit: Ein junger Arzt, der anonym bleiben möchte, erzählt, dass er als Festangestellter in einem staatlichen Krankenhaus im Jahr 2020 monatlich umgerechnet etwa 15 bis 20 Euro Lohn bekommen habe. Die meisten staatlichen Angestellten verdienten ähnlich wenig, sagt er. Mittlerweile lebt er in Deutschland.

Das Assad-Regime sitzt heute wieder fest im Sattel, aber bleibt international isoliert. Seit 2011 verlängert die EU immer wieder ihre Wirtschaftssanktionen gegen Syrien. Darin eingeschlossen sind etwa Investitionen in die Infrastruktur. Ölimporte aus Syrien sind gestattet, wenn zuvor die „Nationale Koalition der Kräfte der syrischen Revolution und Opposition“ konsultiert wird. Medizinische Produkte sind nur indirekt betroffen. Doch hohe Preise für Rohstoffe, Transport und Versicherungen erschweren die Eigenproduktion. Seit Beginn des Konflikts sind die medizinischen Importe des Landes um etwa 93 Millionen US-Dollar zurückgegangen.

In Syrien fehlt es an allem: an Nahrung, medizinischer Versorgung, intaktem Wohnraum, an Perspektive – und noch immer an Frieden.

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1 Kommentar

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  • Das Land ist zerrissen: Den Norden hat die Türkei annektiert und ein islamistisches Marionettenregime installiert, den Osten mit den Ölquellen haben die USA gesichert (was auch immer die da zu suchen haben). Die Kurden, zuvor noch als tapfere KämpferInnen gegen vom IS und Islamisten (wo auch immer die ihr Geld her hatten) gefeiert und militärisch unterstützt, haben wir vom Irren vom Bosporus in einer sehr kriegsähnlichen "Antiterroraktion" plattmachen lassen weil sie nicht gegen das Assad-Regime und das von ihm zur Hilfe gerufene Russland und Iran kämpfen wollten.

    Wiederaufbauhilfe leisten wir natürlich nicht und Sanktionen bleiben bestehen, könnte ja dem Diktator Assad nützen, der vor dem Krieg noch ein guter Buddy war und auch brav im Auftrag der USA Terrorverdächtige gefoltert hat.



    Menschen, die dieser Hölle entfliehen wollen, lassen wir an Weihnachten im polnischen Grenzwald erfrieren.

    Ein echtes Glanzstück! Wenn auch nur eines der beteiligten Länder irgendwas von Menschenrechten , Humanität, Völkerrecht oder Moral verzapft oder mit dem Finger auf andere deutet wird mir schlecht.

    Bin gespannt ob die postulierte "Zeitenwende" vorhält und wir illegale Angriffskriege wirklich ab jetzt sanktionieren, egal ob Freund oder Feind sie anzettelt.



    Wäre vielleicht auch mal an der Zeit zu überlegen, ob das mit den Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat noch zeitgemäß ist oder vielleicht doch undemokratisch ist und die UN faktisch entmachtet.