Elbphilharmonie in Hamburg: Teure Garantien
Hamburgs Konzerthaus kostet jetzt 789 Millionen. Der Senat ist stolz auf seine Transparenz und die erkaufte Sicherheit.
HAMBURG taz | Hamburgs Elbphilharmonie wird teurer. Das ist kein revolutionärer Satz, aber die Dimension ist es schon: Nicht mehr 575, sondern 789 Millionen Euro wird das Anti-Understatement-Projekt die Hanseaten kosten, wie Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag öffentlich verkündete.
Anlass war Scholz’ triumphale Präsentation eines frisch vom Senat genehmigten Gesetzes zur Neuordnung der Elbphilharmonie-Verträge. Die Dreiecks-Konstruktion zwischen Hamburgs Senat, dem Baukonzern Hochtief und den Architekten Herzog & de Meuron war stets Anlass für Streit darüber, wer welche Pläne zu spät geliefert habe. Hochtief hatte daraus, wie branchenüblich, zahlreiche Nachforderungen abgeleitet, Höhepunkt des Streits war der gut einjährige Baustillstand wegen eines Disputs über die Dach-Statik, sodass die Stadt kurz vor der Kündigung stand.
Mit derlei „Hochtief-Spielchen“, wie es Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) einmal formulierte, soll Schluss sein: In einem für die Stadt sehr vorteilhaften Vertrag, den der Konzern Mitte Dezember plötzlich anbot und der bis April nachjustiert wurde, verpflichtet sich Hochtief, keine Nachforderungen mehr zu stellen und mit den Architekten zu kooperieren.
Zudem übernimmt der Konzern für einen Globalpauschalfestpreis von 575 Millionen Euro Garantien für alles, was noch zu bauen und zu planen ist, sowie für eine externe Qualitätssicherung. Die Stadt zahlt im Gegenzug weitere 195 Millionen Euro. Verpasst Hochtief Zwischentermine, kann die Stadt sofort kündigen und bei Mängeln Geld zurückhalten.
„So einen Vertrag gibt es nicht nochmal“, schwärmte Olaf Scholz am Dienstag. „Wir haben keinerlei Risiken mehr.“ Dies scheint die wichtigste Motivation zu sein: Sicherheit zu bekommen – wozu auch der Fertigstellungstermin im Oktober 2016 gehört. Auch will die Stadt kein eigenes Projektsteuerungs-Know-how unter Beweis stellen müssen – etwa, indem sie das Konzerthaus selbst fertig baut.
Zudem scheut der Senat – das geht aus der entsprechenden Drucksache hervor – einen jahrzehntelangen Schadenersatzprozess, der im Kündigungsfall drohte. Denn „auch wenn unsere Chancen da womöglich nicht schlecht wären“, sagte Scholz, „ist der Ausgang doch ungewiss“.
Gewiss ist dagegen, dass die Elbphilharmonie nach der Neuordnung nicht mehr, wie bislang verkündet, 575 Millionen kostet, sondern eben 789. Das seien aber keine neuen Kosten, sondern Resultat einer neuen Transparenz: „Wir haben“, sagte Scholz, „erstmals alles aufgelistet: Kosten für die Realisierungsgesellschaft, die Architekten, die Baubegleitung der Hamburg Musik GmbH sowie Zinsen und Steuern.“
Hamburgs Abgeordnete aber sind unzufrieden: Grünen-Chef Jens Kerstan spricht von einer „Salamitaktik“, und Linken-Haushälter Norbert Hackbusch bezweifelt, „dass da nicht noch mehr Kosten nachkommen“. Selbst von Senatsmitgliedern wird eine weitere Kostensteigerung nicht ausgeschlossen: „Das kann auch eine Milliarde Euro werden“, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Weil das bei den Abgeordneten, die die Verträge bis 30. Juni genehmigen sollen, Zweifel nährt, erwägen einzelne bereits eine Verlängerung der Frist bis zum 30. August. Zudem will Hackbusch die Fraktionen auffordern, einen neutralen Gutachter zu beauftragen, der das Senatspapier prüft. Rechnerisch ist die Abstimmung der Bürgerschaft eine Formalie, weil die regierende SPD die Mehrheit hat.
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