Ekelessen Pizza-Leberkäse: Fleisch! Püriert! Jetzt mit Eiter!
Pizza-Leberkäse ist das neue glibberige Ding im Männer-Ernährungssegment aka Fleisch- und Wurstmarkt. Es ist so widerlich, wie es klingt.
L atte Macchiato, Einhornwasser, die Bezeichnung „Fritten“: Sie gelten gemeinhin als Symbole des hipsterveganen Kulturverfalls, der solide deutsche Wertarbeit mit Lifestyle-Schmond verübelt. Doch auch auf dem traditionellen Männermarkt, wo hinter Zigarrenrauch und Benzingeruch das Reich der reinen Vernunft noch sicher im Sattel sitzt, wo Jagdgewehr und Kettensäge den durch kein störendes Geplänkel unterbrochenen Takt der Noch-in-Ordnung vorgeben – auch hier ist vor dem Schein kein Entkommen.
Die neue Generation Autoschrauber und Sparkassen-Azubis will es (und sich) schließlich auch recht schön und präsentabel haben, sich wohl und am richtigen Platz fühlen und greift deswegen vermehrt zu Produkten wie Bartöl, Männermüsli und dem an dieser Stelle schon besprochenen Flascheneiweiß.
Besonders verstörend ist dieser Trend auf dem Fleisch- und Wurstmarkt. Fleisch ist an sich kaum cooler als eine Versicherung oder eine elektrische Zahnbürste; es ist schwer zu kauen, manchmal sogar blutbesprenkelt – wohl darum wird für alle drei ein Werbezinnober getrieben, den das Stuhlbein, die Oper oder die gedünstete Weinbergschnecke schmerzlich missen.
Klar: Fleisch ist gut „in Form“, lässt sich – besonders in der so verbreiteten, hürdenärmeren, vollpürierten Darreichungsweise – widerstandslos in jede der fünf Dimensionen biegen. Mit „Bärchenwurst“ fing es an, der zynisch grinsenden Wiederauferstehung des Tiers in der Pressmasse. Kinderzunge speichelte. Mit der nach jugendlicher Unterhose stinkenden „Bifi“ ging es weiter; folgten „Bifi to go“, Pomm-Döner, Burger aller Art.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Der neueste Clou der Oberschlächter nennt sich: „Pizza-Leberkäse“. Und ist so absatzstark wie abominabel. Fleisch- und Leber-„Käse“ sind an sich schon eine Qual. Püriert, in eine Brotform geschichtet und mit Eiswasser gemischt, glibbert die Masse im Backofen fest und wird mit seinerseits glibbrigem Ei und toten Kartoffeln reingeschaufelt in das Männermaul, auf dass Kraft die zu fällenden Entscheidungen durchströme und den Darm lahmlege.
Überdies gibt es „Käse-Leberkäse“ – der gleiche Spaß mit gelblichen Würfeln drin, die Käse sein sollen, sich aber vor allem durch eitriges Hinauslaufen auszeichnen. Das „Pizza“-Objekt besteht, dazu noch, aus dünnen, roten, Paprika mimenden Fäden sowie gelegentlichem Schrumpelpilz.
Und jetzt schnallen Sie Ihren Fleischbrei namens Körper mal ganz feste an: Denn es finden sich in den Weiten des Internets tatsächlich sehr populäre Rezepte für „Leberkäse-Pizza“. Ob man die auch mit Pizza-Leberkäse belegen kann? Und mit extra Käse? #geil #lecker #fettegönnung
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen