Eishockeystar Draisaitl braucht Hilfe: Begrenzter Spaß
Die Eishockeyfans der Edmonton Oilers fürchten wegen der mauen Transferpolitik des Klubs um ihre Stars Connor McDavid und Leon Draisaitl.
E rst einmal muss Dmitri Kulikow in Quarantäne. Das sehen die Vorschriften vor in diesen Zeiten, wenn ein Eishockeyspieler nicht nur die Mannschaft wechselt, sondern auch noch eine Grenze überschreitet. Der 30-Jährige kommt aus New Jersey, wo er bislang für die dort ansässigen Devils tätig war, und geht ins nahezu viertausend Kilometer entfernte Edmonton. Eine brauchbare Verstärkung, die den Oilers da kurz vor Ende des Transferfensters, der sogenannten Trade-Deadline, gelungen ist, da sind sich die Experten einig. Kulikow spielt schon 13 Jahre in der National Hockey League (NHL), eine solide, wenn auch nicht spektakuläre Karriere.
Bevor er für die Oilers aufs Eis kann, muss er aber die Covid-19-Isolation absitzen. Er sei, so ließ der russische Verteidiger über Twitter ausrichten, trotzdem „glücklich und dankbar für die Gelegenheit“, mit seiner neuen Mannschaft viel zu erreichen. Was man halt so sagt. Ebenfalls auf Twitter hatten die Oilers-Fans entschieden mehr zu sagen: Die Verpflichtung sei eine Lachnummer, helfe den Oilers kein bisschen weiter, und überhaupt solle Ken Holland endlich seinen Hut nehmen.
Holland ist der Manager der Oilers – und vor allem der liebste Sandsack der Fans des Klubs. Er wird dafür verantwortlich gemacht, dass für Edmonton mit Connor McDavid und Leon Draisaitl zwar zwei der weltbesten Eishockeyspieler auflaufen, der Rest des Teams aber „stinkt“, „richtig scheiße ist“ oder eine andere Formulierung, die auf Twitter gerade noch durch die Zensur kommt.
Tatsächlich führen McDavid mit 69 und Draisaitl mit 61 Punkten wieder mal die Scorerliste der NHL an. Im vergangenen Jahr war es noch umgekehrt, da führte Draisaitl vor McDavid. Niemand in der besten Eishockeyliga der Welt hat auch nur annähernd so viele Tore geschossen und Vorlagen verteilt wie der 24-jährige Kanadier, der seit Jahren als bester Eishockeyspieler des Planeten gilt, und der ein Jahr ältere Kölner, der in der vergangenen Saison zum besten Profi der NHL gewählt wurde. Wenn die beiden gut drauf sind, und das sind sie oft, dann ist für Spektakel gesorgt. Oder, wie es ihr neuer Mannschaftskollege Kulikow formuliert: „Es macht Spaß, den Oilers zuzusehen.“
Unbesetzte Lücken
Der Spaß hörte allerdings spätestens in den Play-offs auf. Wenn die Intensität höher wird, die Verteidigung härter und die Schiedsrichter nicht mehr so pingelig pfeifen, haben es die gegnerischen Mannschaften leichter, die beiden Stars der Oilers auszuschalten. In die entstehenden Lücken preschen dann aber nicht andere, auch nicht Dominik Kahun, der zweite Deutsche in der Mannschaft. Kein Wunder, dass sich die Fans im Netz einig sind: McDavid und Draisaitl brauchen Hilfe!
Diese Hilfe zu organisieren, dafür wäre eigentlich Manager Holland zuständig. Dem aber waren vor der Trade-Deadline, von der sich die Fans einen aufsehenerregenderen Zugang versprochen hatten, die Hände gebunden. Kaum Raum unter der Gehaltsobergrenze, und keine Talente, die man hätte eintauschen können, verteidigte sich Holland und lobte lieber seine Neuerwerbung: Kulikow könne „Schlittschuh laufen“ und „sein erster Pass ist gut“. Ja, er schieße nicht viele Tore, um genau zu sein: 35 in mehr als 700 NHL-Spielen, aber es wäre vor allem darum gegangen, die Defensive seiner Mannschaft zu stärken. „Defense first“, so Holland.
Angesichts dieser Einstellung des Managements machen sich die Fans Sorgen, dass ihre Lieblinge die Lust auf Edmonton verlieren könnten. Der Klub hat zwar eine ruhmreiche Vergangenheit, in der Wayne Gretzky, Mark Messier und Jari Kurri ein Dauerabo auf den Stanley Cup abgeschlossen hatten. Aber die Stadt selbst ist nicht sonderlich aufregend, die Winter sind hart, und nicht zuletzt ist die kanadische Einkommenssteuer für Großverdiener sehr viel höher als in den USA. Wenn sich der sportliche Erfolg nicht bald einstellt, wenn nicht bald Hilfe auftaucht, dann könnten McDavid und Draisaitl über einen Klubwechsel nachdenken. Eine mögliche Quarantäne wäre dann das geringste Problem.
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