Eishockeyprofi Draisaitl in Hochform: Ein unglaublicher Lauf
Dem deutschen Eishockeyprofi Leon Draisaitl gelingt bei den Edmonton Oilers nahezu alles. Er knackt einen NHL-Rekord nach dem anderen.
![Draisaitl reißt jubelnd die Arme hoch Draisaitl reißt jubelnd die Arme hoch](https://taz.de/picture/6255048/14/32766826-1.jpeg)
S chon mal was gehört von Fred „Cyclone“ Taylor? Nein? Dann sind Sie wohl kein intimer Kenner der Eishockey-Geschichte. Herr Taylor war in den Nuller- und Zehnerjahren des vergangenen Jahrhunderts einer der ersten Stars des damals noch jungen Profisports in Nordamerika. Er spielte für Klubs mit so klingenden Namen wie Vancouver Millionaires oder Renfrew Creamery Kings und bekam den Spitznamen „Wirbelsturm“ aufgrund seines explosiven Antritts.
Dieser Tage nun tauchte Cyclone Taylor wieder aus dem Dunkel der Eishockeyhistorie auf, weil Leon Draisaitl ihm eine Bestleistung abnahm: Der deutsche Nationalspieler in Diensten der Edmonton Oilers hat in den Playoffs in fünf Auswärtsspielen mehr Tore erzielt als Taylor vor sage und schreibe 105 Jahren.
Die sehr spezielle Referenz sagt vor allem eins: Draisaitl hat einen historischen Lauf. In den ersten neun Spielen der K.o.-Runde hat er bereits 13 Tore erzielt und dazu noch vier Torvorlagen gegeben. Der 27-jährige Kölner stellt ständig neue Rekorde auf – und reiht sich ein in Listen mit Namen, die nicht nur absolute Eishockey-Nerds kennen.
So hat der Deutsche in den ersten 45 Playoff-Spielen seiner Karriere 75 Scorerpunkte, also die Summe aus Toren und Assists gesammelt: Besser waren nur ein gewisser Wayne Gretzky und ein auch nicht ganz unbekannter Mario Lemieux. „Er spielt gerade auf einem anderen Niveau. Aber das sollte keine Überraschung sein, denn an vielen Abenden ist er der beste Spieler der Welt“, sagt Draisaitls Teamkollege Connor McDavid, der aktuell als allerbester Spieler der Welt gilt. Und Gretzky, der bekanntlich allerbeste Spieler aller Zeiten, ließ gar mitteilen, er sei „verzückt“ von Draisaitl – und dass für den „50 Tore in den Playoffs möglich sind, wenn er so weitermacht“.
Gefürchtet auch für seine brummige Art
Tatsächlich gelingt dem 1,88 Meter großen Draisaitl im Moment nahezu alles. Im ersten Spiel gegen Las Vegas schlenzte er den Puck von einer Position seitlich hinter dem Tor dem gegnerischen Torhüter absichtlich und dermaßen geschickt an die Schulter, dass der von dort ins Tor sprang. Es war einer von vier Treffern von Draisaitl in diesem Spiel. „Unglaublich“ fand das nicht nur Knights-Cheftrainer Bruce Cassidy, war allerdings trotzdem zufrieden, denn seine Mannschaft gewann 6:4, weil kein anderer Oiler getroffen hatte. Der Vier-Tore-Mann dagegen hatte extrem schlechte Laune: Draisaitl, von der Presse in Edmonton eh gefürchtet für seine brummige Art, war noch wortkarger als sonst. Auf die Frage, ob er trotz der Niederlage eine gewisse Genugtuung empfinden könne, gab es nur ein „No“, einen langen bösen Blick – und noch ein „No“.
Die von Gretzky prophezeiten 50 Tore sind natürlich utopisch, aber wenn Draisaitl so weitermacht, ist der Rekord für die meisten Tore in einem Playoff-Turnier möglich. Denn der liegt bei 19 Toren, zuletzt aufgestellt 1985 vom legendären Finnen Jari Kurri, der an der Seite von Gretzky ebenfalls für die Oilers spielte, aber 18 Spiele dafür brauchte. Ein Thema, das Draisaitl herunterspielt: „Ich weiß, es ist ein Klischee, aber ich denke immer nur bis zum nächsten Spiel“, sagte er nach einem Doppelpack am Samstag gegen Las Vegas.
Die Frage ist, ob Draisaitl genug Gelegenheiten bekommt, Kurris Bestmarke zu knacken. Denn am Montag verloren die Oilers zuhause 1:5 gegen die Las Vegas Knights, liegen in der Best-of-7-Serie mit 1:2 Siegen zurück und stehen am Mittwoch schon unter Zugzwang. Oder, wie es McDavid formuliert: „Wir müssen unser bestes Spiel spielen.“
Allerdings: Das Rennen um den Stanley Cup scheint so offen wie selten zuvor. Nachdem sich die Boston Bruins, die Überflieger aus der regulären Saison, schon in der ersten Runde verabschiedet haben, gibt es keinen klaren Favoriten mehr. Jeder scheint jeden schlagen zu können – auch die Oilers, gerade die Oilers, denn schließlich haben sie mit Draisaitl und McDavid den besten und auch den allerbesten Spieler der Welt.
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