Eishockey-Pionierin aus Kanada: Wohlgefühl im Unbequemen
Die Kanadierin Hayley Wickenheiser unterzeichnete einst als erste Frau einen Vertrag als Feldspielerin bei einem Männerprofiteam in Finnland.

E s gibt eine Grenze, die in den meisten Sportarten unberührt besteht. Frauen dürfen im Spitzenbereich nicht mit Männern Sport treiben. Auch dann nicht, wenn sie es wollen und können. Es gibt keinen Grund für diese Regel, schließlich steht nicht zu erwarten, dass die Frau einen unfairen Vorteil gegenüber den Männern hätte. Und doch sind fast überall eilfertig Verbände eingeschritten und verbieten, was nicht sein soll.
Nicht so bisweilen im Eishockey. Eine der Sportarten, wo sich die Frauen in Männerligen geradezu häufen trotz des Macho-Images. Viele Torhüterinnen standen für Männerprofiteams auf dem Eis, in Nordamerika waren es Kelly Dyer, Manon Rhéaume und Erin Whitten, in der Schweiz Florence Schelling. Aber es gab auch eine Spielerin, die als Feldspielerin bei den Männerprofis aktiv war und keine Nachahmerinnen gefunden hat.
Die Kanadierin Hayley Wickenheiser hätte das Engagement im Männereishockey keineswegs gebraucht, um eine Legende zu werden. Mit 15 Jahren schaffte die Stürmerin es 1994 ins Frauen-Nationalteam und holte gleich WM-Gold. Sie ist bis heute die jüngste Spielerin, der das gelang.
Die robuste, spiel-intelligente Wickenheiser, nie um ein Wort verlegen, wurde in den folgenden Jahrzehnten eine der herausragendsten Spielerinnen der Welt. Sie war dabei, als Frauen-Eishockey 1998 viel zu spät olympisch wurde, und holte in ihrer Karriere bis 2017 viermal olympisches Gold, einmal Silber. Parallel schaffte sie es noch mit dem kanadischen Softball-Team zu Olympia.
So hart wie möglich
Dass Eishockey eine Sportart war, die ihr als Frau keine Aussichten auf eine Profikarriere bot, brachte sie nicht ab. Die Eltern mahnten vergebens. Und so unterzeichnete Hayley Wickenheiser 2002 als erste Frau einen Vertrag als Feldspielerin bei einem Männerprofiteam, dem drittklassigen Kirkkonummi Salamat in Finnland. Die Risikofreude gehöre zu ihrer Art, sagt sie: „Ich fühle mich wohl, wenn Sachen unbequem sind.“
Hunderte MedienvertreterInnen schauten beim ersten Training zu. Aus einem Grund, so Wickenheiser: „Alle dachten, ich kann nicht spielen.“ Der Trainer war vorbereitet: Er wies den größten Abwehrspieler an, Hayley Wickenheiser so hart wie möglich anzugehen. „Damit sie allen zeigen kann, dass sie klarkommt.“ Und die Stürmern kam klar. Im Laufe der Saison erzielte sie zwei Tore und neun Torvorlagen. Wickenheiser war nicht, wie manch andere Frau, als PR-Stunt auf dem Eis der Männer, sondern verhalf ihrem Team entscheidend zum Aufstieg. Dort allerdings, in der zweiten Liga, wurde die Luft für die Kanadierin dünner. Einsätze bekam sie nur wenige, sie verließ den Klub. Ihr Trainer Matti Hagman sagte: „Ich will es nicht schönreden: das Spielniveau war sehr schwer für Hayley. Das Tempo ist in der zweiten Liga so viel höher, und der körperliche Einsatz wurde wichtiger.“ Sie blieb aber stolz auf das Erreichte. Und scheute sich nicht, es zu wiederholen: Sie spielte in Schweden nochmal dritte Liga der Männer.
Überhaupt bereut Wickenheiser nur eines: „Nicht dabei zu sein, wenn Fraueneishockey professionell wird, wenn man wirklich bezahlt wird.“ Sie glaubt, dass dies so kommen wird. Mit 42 Jahren studiert Hayley Wickenheiser nun Medizin, ist nebenbei Assistenzdirektorin für Spielerentwicklung beim NHL-Klub Toronto Maple Leafs – wieder als Vorreiterin – und Athletensprecherin beim IOC. Bloß das Wort Legende mag sie nicht. „Es war wirklich ziemlich nervig, wenn ich so genannt werde.“ Nicht unbedingt, weil sie so bescheiden wäre. Eher aus Altersgründen. „Dann weißt du, dass du schon ziemlich lange dabei bist.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!