Frauen-Eishockey in Kanada: Doppeltes Powerplay

In Kanada startet die PHF durch, Profi-Eishockey der Frauen. Die besten weiblichen Cracks spielen aber noch in einer eigenen Gewerkschaftsliga.

Kanadische Junior-Eishockeyspielerinnen bejubeln einen Triumph

Erst im Janaur 2023 haben die kanadischen Eishockeyfrauen U18-WM gewonnen Foto: imago/bildbryan

Der Maple Leaf Gardens gehört zur Eishockeygeschichte wie Wayne Gretzky und herzhafte Schlägereien. Nahezu sieben Jahrzehnte spielten die Toronto Maple Leafs in dem ehrwürdigen Gebäude im Zentrum der kanadischen Metropole, elf Stanley Cups gewannen sie hier. Auch Elvis Presley trat hier einst auf, eines seiner seltenen Konzerte außerhalb der USA. Seit 1999 aber spielen die Maple Leafs in einer Mehrzweckhalle am Stadtrand, Maple Leafs Gardens beherbergt nun ein Einkaufszentrum.

Doch im dritten Stock gibt es noch eine kleine Arena mit einer Eisfläche, die vor allem von College-Teams genutzt wird. Auch am vergangenen Wochenende wurde dort Eishockey gespielt – und vielleicht sogar Geschichte geschrieben. Das erhofft sich vermutlich die Premier Hockey Federation (PHF), die den historisch bedeutsamen Ort für ihr Allstar-Spiel auswählte. Aufgeteilt wurden die besten Spielerinnen der Profiliga auf drei Teams, die jeweils ein Drittel lang gegeneinander antraten: Team Canada, Team USA und Team World. Das Endspiel gewannen dann die Kanadierinnen gegen die Profis aus dem Rest der Welt. Viel wichtiger: Die Tribünen waren gefüllt, die Stimmung gut – und am kommenden Tag gab es sogar vereinzelte Medienberichterstattung, auf die die PHF sonst weitgehend verzichten muss.

Nun kehrt die Liga wieder in den ungleich graueren Alltag zurück. Die Toronto Six, eben noch Allstar-Gastgeberinnen auf historischem Eis, spielen am Samstag gegen die Buffalo Beauts in einer Eishalle in einer Suburb, wo sonst Nachwuchsteams trainieren und Hobbyläufer ihre Schlittschuhe schnüren. Wie schwierig es ist, eine Profiliga aufzubauen, ist in den vergangenen Jahrzehnten ausgiebig nachgewiesen worden. Relativ langlebig war noch die Canadian Women’s Hockey League (CWHL), die 2019 nach 12 Jahren den Betrieb einstellte.

Aber die PHF wächst und sie ist mit ihren mittlerweile 7 Klubs aktuell die einzige Profi-Eishockeyliga für Frauen im gelobten Kontinent des Sports. Im vergangenen Jahr haben Investoren 25 Millionen US-Dollar in die PHF gesteckt. Die Gehälter stiegen auf durchschnittliche 70.000 Dollar für die knapp fünf Wintermonate dauernde Saison. Erstmals können Frauen vom Eishockeyspielen tatsächlich einen bescheidenen Lebensunterhalt bestreiten. Die meisten arbeiten trotzdem noch als Lehrerinnen oder Paketzustellerinnen wie Mikyla Grant-Mentis von den Buffalo Beauts, im vergangenen Jahr beste Spielerin der PHF.

Trotzdem spielen die meisten der bekanntesten Namen des Sports nicht in der PHF. Viele kanadische und US-amerikanische Nationalspielerinnen hatten sich nach dem Ende der CWHL in einer Gewerkschaft organisiert und versuchen, eine eigene Liga aufzubauen. Bislang erfolglos. Die Kluft die durch den Sport läuft, lähmt die weitere Entwicklung. Die große NHL hat das bereits beklagt. Deren Chef Gary Bettman ließ wissen, das Multimilliarden-Unternehmen sei gewillt, eine Frauenliga „mehr als zu unterstützen“, wenn sich die beiden Lager endlich einigen könnten. Allerdings hat Bettman noch vor vier Jahren, als die CWHL pleiteging, verkündet, dass er „echte Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit“ des Geschäftsmodells Fraueneishockey habe.

Die PHF scheint diese Nachhaltigkeit mit Geld erzwingen zu wollen. Dass die große kanadische Nachwuchshoffnung Daryl Watts in der kommenden Saison gar das Rekordsalär von 150.000 Dollar verdienen soll, hat Schlagzeilen gemacht. Sie hoffe nun, sagte die 23-Jährige, dass die „atemberaubende Zahl“ weitere bekannte Namen überzeugen werde, sich der PHF anzuschließen, „bis es eine einzige Liga für Frauen­eishockey gibt“. Dann würde die PHF womöglich tatsächlich beginnen, Geschichte zu schreiben.

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