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Eintauchen bei den AnwältenDas Leiden der anderen

Wer billige Rechtshilfe sucht, landet bei frag-einen-anwalt.de. Freunde kruder Kriminalfälle und Liebesgeschichten sind dort auch gut aufgehoben.

Das Jurastudium ist kein Garant mehr für eine gesetzte bürgerliche Existenz. Bild: Maria Kokina

Grün, rot, gelb, blau, im Hintergrund weiß. Überall Logos, Bewertungen, Preis-Banderolen. Fotos von Männern mit Schlips und Frauen im Kostüm. Wer auf frag-einen-anwalt.de geht, ahnt wahrscheinlich nicht, was tatsächlich hinter der Seite steckt: Was nach außen den Anschein einer Plattform für günstige Rechtsberatung macht, ist tatsächlich eine Sammlung kurioser, tragikomischer und bisweilen völlig absurder Geschichten, nach deren Lektüre man oft nicht weiß, ob Trauer oder Heiterkeit die angemessene Reaktion ist.

Da wäre zum Beispiel – nennen wir ihn Jonas. Jonas hat ein Problem: einen Stalker. Keinen gewöhnlichen Stalker, einen sehr raffinierten: Mit einigen Bildern von Jonas eröffnet er zwei Profile bei dem sozialen Netzwerk Lokalisten.de, unter Jonas' vollem Namen..Die Pinnwand garniert er mit nackten Frauenhintern und sexistischen Sprüchen, er befreundet sich mit Jonas' Arbeitskollegen und vor allem -kolleginnen, denen er anzügliche Nachrichten schickt – auch den Ausbilderinnen.

Als Jonas davon Wind bekommt, erstattet er Anzeige. Dabei erfährt er, dass sein Peiniger im Rollstuhl sitzt. Immerhin erklärt jener sich bereit, seine Urheberschaft der Nachrichten zuzugeben und sich bei allen Betroffenen zu entschuldigen.

Einige Zeit später checkt Jonas nochmal seine sozialen Netzwerke und stellt fest, dass der Mann sich nun unter seinem Namen auf Facebook angemeldet hat. Jonas erstattet erneut Anzeige; bei der Polizei heißt es, man kenne den Beschuldigten bereits, der mache so etwas öfter.

Irgendwann erhält Jonas einen Brief von der Staatsanwaltschaft: Das Verfahren werde eingestellt, es gebe kein öffentliches Interesse in der Sache. Jonas sucht eine Anwältin auf; die rät ihm, den Fall auf sich beruhen zu lassen, denn selbst eine Verurteilung des Mannes werde ihm nichts bringen, es gäbe für Rollstuhlfahrer keine geeigneten Haftplätze. Die Aussicht auf Schadenersatz sei auch gering, schließlich sei der Mann nicht arbeitsfähig. Eine weitere Anzeige würde mutmaßlich nur dazu führen, dass der Mann sich endgültig auf ihn einschieße.

Beitrag zum Preisverfall

Das ist bei weitem nicht die einzige, krude Story auf dem Portal. Es gibt die wahre, grenzüberschreitende Liebe, ein klassisches deutsches Roadmovie , die Fortführung von „Email für Dich“ mit anderen Mitteln. Meistens sind die Fakten ziemlich offensichtlich.

Erstaunlich sind vor allem die Preise, die die Fragenden für ausreichend halten, um ihre Probleme gelöst zu bekommen. Ein komplizierter Kaufrechtsfall zum Beispiel wird auch mal für läppische 30 Euro zur Beantwortung angeboten, wovon am Ende nur ein Bruchteil zum Anwalt fließt. Und dass, obwohl auf der Seite gute Arbeit geleistet wird. Trotzdem kann es sein, dass selbst unverschämt niedrig dotierte Fragen von Anwälten bearbeitet werden.

Tatsächlich ist ein Jurastudium längst kein Garant mehr für ein gesetztes bürgerliches Leben. Die Anwaltsschwemme hat vor allem bei Berufsanfängern dazu geführt, dass einige unter ihnen von ihren Honoraren nicht mehr leben können. Entsprechend scharf ist der Konkurrenzkampf.

Auch wenn es Versuche gibt, die dreistesten Dumpingangebote gemeinschaftlich zu boykottieren, tragen Dienste wie frag-einen-anwalt.de doch zum Preisverfall bei. Womit sich auch der Ton unter den Kollegen verschärft: das interne Forum, in dem sich die Anwälte untereinander austauschen konnten, musste inzwischen geschlossen werden; zu viele Pöbeleien.

Auch eine schöne Geschichte. Und schon wieder eine ohne Moral.

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2 Kommentare

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  • Liebe TAZ,

     

    wir freuen uns, dass Ihr dem deutschen Rechtsberatungsmarkt Aufmerksamkeit schenkt, denn das Thema ist in der Tat spannend. Allerdings sind wir etwas überrascht davon, welches Bedeutung Ihr Frag-einen-Anwalt.de dabei einräumt. Das hätten wir uns selbst gar nicht getraut.

     

     

     

    Über Moral und Unmoral der Vergütung rechtlicher Dienstleistungen lässt sich trefflich streiten und Eure Meinung sei Euch selbstverständlich gegönnt. Aber da im Artikel nun mal moralische Kategorien eingeführt werden, da möchten wir kurz eine weitere Betrachtungsmöglichkeit anbieten. Ohne Frag-einen-Anwalt.de wären in den letzten 10 Jahren viele Tausend Menschen erst gar nicht in den Genuß professioneller Rechtsberatung gelangt. Wir für unseren Teil versuchen den Mandanten und den Anwälten gerecht zu werden. In den meisten Fällen gelingt das auch.

     

     

     

    In einem anderen Punkt müssen wir leider enttäuschen. Grenzüberschreitende Liebe, Roadmovies und krude Stories sind bei Frag-einen-Anwalt.de die absolute Ausnahme. Die überwältigende Mehrheit der Fragen beschäftigt sich mit dem drögen Charme ganz alltäglicher Rechtsprobleme. Überzeugt Euch gerne selber, nicht das nachher jemand enttäuscht ist.

     

     

     

    Viele Grüße aus Hannover

     

     

     

    Michael Hoder

     

    123recht.net/Frag-einen-Anwalt.de

  • Das sind Opfer rot-grüner Bildungspolitik.

     

     

     

    Die geht ja nach dem Muster: Aha, ein Anwalt verdient gut. Also könnten auch mehr Leute gut verdienen, insbesondere aus bildungsfernen Schichten. Also schmeiße ich das Abitur nach und fordere alle auf, Jura zu studieren und fördere sie dabei mit Bafög usw. Mindestens 50% des Jahrgangs.

     

     

     

    Und dann kommt die Überraschung: Oh, die brauch ja keiner und die müssen einander Niedriglohnkonkurrenz machen und kriegen nur Praktika. Das ist schlimm. Skandal!

     

     

     

    Und so kommt es, dass die Gebührenssätze für Anwälte steigen und dass die Klientel auf solche Webseiten ausweicht, die dann irgendwann verboten werden...

     

     

     

    Und für den Rest der eigenen Anhängerschaft schafft man Pöstchen und Quoten im Staatsdienst oder staatsnahen Bereich, etwa beim Qualifäts- und Verblödungsfunk oder als Genderbeauftrage bei Unis.