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Einschulung für Kinder ohne PapiereVon wegen Recht auf Bildung

Immer wieder gibt es Probleme, wenn Kinder ohne Papiere an Schulen angemeldet werden sollen. Bei den Schulämtern fehlt es offenbar an Aufklärung.

Getanzter Protest für ein Recht auf Bildung auf dem Alexanderplatz Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | „Legalización ahora!“, schallt es über den Platz vor der Senatsbildungsverwaltung am Alexanderplatz. Unter den ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen tanzen Ak­ti­vis­t:in­nen einen Perreo Combativo.

Trotz des ernsten Anlasses herrscht eine positive Atmosphäre: Von lateinamerikanischen Beats untermalt soll der kämpferische Tanz auf Probleme beim Bildungszugang von illegalisierten Menschen aufmerksam machen. Eine Aktivistin von Legalisierung Jetzt bringt ihre Forderung auf den Punkt: „Kinder sollten keine Angst haben, zur Schule zu gehen, denn das ist ihr Recht.“

Das Recht auf Bildung gilt für alle Kinder. Das steht nicht nur in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, sondern ist auch im Berliner Schulgesetz und der Landesverfassung verankert. Dabei ist es ganz gleich, ob die Kinder einen Aufenthaltstitel haben oder nicht. Schulen sind darüber hinaus von der Meldepflicht befreit; sie müssen Schü­le­r:in­nen auch ohne Meldeadresse aufnehmen. Juristisch ist also klar, dass der Bildungsauftrag für alle Kinder durchgesetzt werden muss.

In der Praxis kommt es allerdings häufig zu Problemen, wenn Kinder ohne Papiere eingeschult werden sollen. So weist die Initiative Solidarity City Berlin auf ihre Recherche hin, laut der Ämter sich wiederholt weigern würden, Kinder ohne Papiere aufzunehmen. Sie hat nach eigener Auskunft 2019 und 2021 mehrfach die Schulämter aller zwölf Bezirke kontaktiert und dabei vorgegeben, befreundete Kinder ohne Dokumente anmelden zu wollen. Ergebnis: Nur in fünf respektive sechs Bezirken hätten die Kinder einen Platz bekommen.

Fragwürdige Informationslage bei Ämtern

Und selbst als die Ak­ti­vis­t:in­nen sich bei den Anfragen zu erkennen gaben, wäre eine Einschulung nur an sieben respektive acht Bezirken möglich gewesen. Die Schulämter nannten demnach teils fehlende Meldebescheide als Argument für die Ablehnung. Eine Aktivistin von Solidarity City berichtete der taz, dass es zudem „eine ganze Liste anderer hanebüchener Begründungen“ gegeben habe – bis hin zur Drohung, die Ausländerbehörde zu alarmieren.

Dita Vogel, Bildungs – und Migrationsforscherin an der Universität Bremen, kennt das Problem: „Die Schulen wissen häufig nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen und dass sie die Kinder aufnehmen müssen.“ Bei der Einschulung würden teils noch immer Meldebestätigungen gefordert. Zudem fehle es an Bewusstsein dafür, dass bei der Einschulung auch andere Adressen als die Meldebestätigung verwendet werden können. Andere Behörden einzuschalten sei nicht legal: „Schulen haben keine Weitergabepflicht, ohne Rechtsgrundlage dürfen sie nichts an andere Behörden weitergeben.“ Insgesamt sieht sie aber noch Forschungsbedarf, größere Studien gebe es aktuell nicht.

Ein Unbehagen im Kontakt mit offiziellen Stellen bleibt bei Betroffenen häufig dennoch. Die Angst ist schließlich eine dauerhafte Begleiterin von illegalisierten Menschen. Schon alltägliche Situationen können existenzgefährdende Konsequenzen haben, etwa eine Fahrkartenkontrolle ohne Ticket. Für ein Recht auf Bildung zu protestieren ist für die Aktivistin von Legalisierung Jetzt daher auch eine Art von Empowerment: „Während einer Demo kann die Polizei nicht einfach unsere Ausweise kontrollieren – der einzige Moment, an dem wir uns frei fühlen können, ist als Gruppe.“

Forderungen nach einer klaren Linie

Die Kampagne Legalisierung Jetzt fordert vom rot-rot-grünen Senat eine klare Linie, um Schulanmeldungen auch ohne bürokratische Hürden zu gewährleisten. Wenn entgegen der Rechtslage eine Meldebescheinigung gefordert oder mit dem Ausländeramt gedroht wird, fehle es offenkundig an einer stringenten Linie innerhalb des Schul- und Ämtersystems.

Die Senatsverwaltung für Bildung von Senatorin Sandra Scheeres (SPD) erklärt auf taz-Anfrage, dass sie in enger Zusammenarbeit mit den Schulämtern stehe. Zudem verweist ein Sprecher auf ein internes Schreiben, laut dem Kinder aus Willkommensklassen bevorzugt unterstützt werden sollen. Zudem gebe es einen Leitfaden für Integration, in dem auf das Recht auf Bildung für Alle hingewiesen wird.

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