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Einschüchterung von UmweltschützernSüdtirol hält an Klage fest

Bauern und ein Landrat werfen dem Münchner Umweltinstitut weiter üble Nachrede vor. Das bleibt bei der Kritik am Pestizideinsatz im Obstbau.

Apfelplantage in Südtirol Foto: imago

Rom taz | Der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, macht es spannend. Am Montag hatte er angekündigt, er werde seine Anzeige gegen Karl Bär vom Umweltinstitut München und gegen den Buchautor Alexander Schiebel zurückziehen, doch beim ersten Prozesstermin am Dienstag war davon keine Rede mehr.

Den beiden Pestizidkritikern hatte Schuler üble Nachrede vorgeworfen, weil sie in einer Kampagne den in ihren Augen übermäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf den Apfelplantagen und den Weinhängen Südtirols angeprangert hatten. Schuler dagegen glaubt, in Südtirol sei die Welt in Ordnung. Wer von „Pestizidtirol“ rede, vergehe sich am guten Ruf seiner Bauern und der ganzen Region. Am Dienstag war der erste Prozesstermin gegen Bär angesetzt – und Schuler schien bereit, zurückzurudern.

Das wäre keine Überraschung. Schließlich konnten das Umweltinstitut, der Autor Schiebel und der Oekom-Verlag auf breite öffentliche Unterstützung zählen. 200.000 Menschen hatten den Appell zur Einstellung des Prozesses unterschrieben. Am Dienstag erschienen in den italienischen Tageszeitungen La Repubblica und La Stampa ganzseitige Anzeigen, geschaltet von Umweltverbänden aus 18 Ländern – unter ihnen Greenpeace, WWF, die Deutsche Umwelthilfe, Robin Wood oder Attac –, die unter dem Titel „Die Pestizide vergiften die Meinungsfreiheit“ den „Einschüchterungsversuch“ der Provinz Bozen anprangern und die Rücknahme der Anzeigen fordern.

Doch statt wie angekündigt die Anzeige zurückzuziehen, ließ Landesrat Schuler sich beim Prozessauftakt zusätzlich auch als Nebenkläger registrieren. Das Verfahren nimmt so oder so seinen Lauf. Denn selbst wenn Schuler den Rückzug antreten sollte, wären die beiden Verfahren noch nicht erledigt. Denn außer ihm haben mehr als 1.300 Landwirte Anzeige erstattet. Außerdem müssen sich Bär und Schiebel gegen den Vorwurf der Markenrechtsverletzung verteidigen, weil in der Anti-Pestizid-Kampagne ein verfremdetes Südtirol-Logo zum Einsatz kam; diese Klage kann jedoch nur die Staatsanwaltschaft selbst niederschlagen, da es sich hier um ein Offizialdelikt handelt.

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2 Kommentare

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  • Richtig so !!!

  • Da bleibt wohl nur eines: Sich genau zu überlegen, ob man noch irgendwelches Südtiroler Obst oder dortigen Wein kauft. Und natürlich auf den Urlaub dort zugunsten anderer Destinationen zu verzichten.

    Ich verzichte hier auf einen für mich juristisch gefährlichen Boykottaufruf - jeder wird aufgrund solcher Fakten seine Schlüsse ziehen können. Und natürlich kann man auch im Bekannten- und Verwandtenkreis seine Ansichten nachdrücklich vertreten!

    Hat der weltfremde Lokalpolitiker sich schon einmal überlegt, wieviele Tonnen Pestizide seine Bauern da jährlich ins Grundwasser verfrachten. Die wandern in die Flüsse und danach in die Adria - ganz in der Nähe von den Orten wo zig-tausende Urlaub machen. Und viele von denen kommen aus Deutschland. Man darf auch die Augen vor den Folgen im Land und bei der Bevölkerung nicht vergessen.

    Kann es sein, dass ein vermeintlich gebildeter Mann so egoistisch seine Augen verschließen kann? Ja kann es, wir sehen es in den USA und auch in Südtirol!