Einsatz an griechisch-türkischer Grenze: Deutsche Polizei hilft Frontex auch 2011
Bundesbeamte werden in Griechenland weiter mit der EU-Grenzschutzagentur zusammenarbeiten. Trotz der Kritik am Vorgehen der Griechen an der Grenze.
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BERLIN taz | Trotz deutlicher Klagen von Menschenrechtsorganisationen und auch von Bundespolizisten, die derzeit als Teil eines schnellen Eingreifteams der EU-Grenzschutzagentur Frontex an der griechisch-türkischen Grenze Dienst tun, wird der Einsatz der deutschen Kräfte im kommenden Jahr weitergehen. Der Einsatz werde bis Anfang März fortgesetzt, heißt es im Bundesinnenministerium.
Im Januar würden neue Bundespolizisten nach Griechenland geschickt. Derzeit sind in der griechisch-türkischen Grenzregion Evros 27 Bundespolizisten im Einsatz.
Griechenland hatte die EU im Oktober um die Entsendung von schnellen Eingreifteams der Frontex gebeten, weil es der großen Anzahl von Flüchtlingen, die über Griechenland in die EU einreisen, nicht gewachsen ist. Seit Anfang November sind auch deutsche Beamte in Evros im Einsatz.
Frontex: Die in Warschau sitzende EU-Agentur Frontex schützt die Außengrenzen der Europäischen Union - oder schottet sie ab, je nach politischer Lesart. Frontex analysiert nach eigener Aussage Strategien von Menschenschmugglern oder schult Grenzschutzbeamte. Sie stellt den Mitgliedsstaaten auch Eingreif-Teams für Krisensituationen bereit.
Kritik: Flüchtlingsorganisationen kritisieren Frontex, etwa für Aktionen im Mittelmehrraum. Die Agentur stelle "ein bedrohliches Schutzvakuum für Flüchtlinge auf hoher See und an den Außengrenzen her", urteilt Pro Asyl.
Der Frontex-Einsatz zeigte umgehend Wirkung: Nach Angaben der EU-Kommission griffen die Grenzschützer im Oktober noch 7.586 Flüchtlinge an der Grenze zur Türkei auf, im November nur noch 4.270 Menschen. Einige Medien - darunter die taz - hatten in den vergangenen Wochen über Klagen der eingesetzten Bundespolizisten berichtet.
Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, und Tom Koenigs, grüner Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte, hatten bei einer Reise in die Evros-Region auch mit deutschen Polizisten vor Ort gesprochen. Einen Bundespolizisten zitierten sie nach ihrer Rückkehr mit den Worten, bei diesem Einsatz falle man "in ein moralisches Loch". Asyl sei für die griechischen Beamten ein Fremdwort. Der Bundespolizist habe Skrupel, Aufgegriffene den griechischen Behörden zu überstellen.
Überfüllte Haftzellen
Seit langem kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Situation der Flüchtlinge in Griechenland. In den Aufnahmelagern herrschten "menschenverachtende Zustände", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt. Die Haftzellen seien überfüllt, Hofgang werde kaum gewährt, eine medizinische Versorgung gebe es nicht.
Die Flüchtlinge würden weder über die Gründe ihrer Inhaftierung noch über ein mögliches Asylverfahren informiert. Deutsche Polizisten würden in ein "völlig chaotisches System" eingebunden, das zu "eklatanten Menschenrechtsverletzungen" führe, sagte Burkhardt.
Ende November flogen Beamte des Bundesinnenministeriums nach Griechenland, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. "Deutschland betrachtet die Entwicklung mit Sorge und hat sowohl Griechenland als auch die Kommission aufgefordert, die Situation der Migranten vor Ort zu verbessern", sagte jetzt ein Sprecher des Innenministeriums. Anders als andere europäische Länder wie Schweden und Österreich schiebt Deutschland aber weiter nach Griechenland ab.
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