Einkaufscenter wird Outlet: Gescheiterte Hoffnung
Bremerhavens Tourismus-Angebot Mediterraneo war offenbar nicht attraktiv genug: Der Besitzer hat das Einkaufscenter einem Outlet-Betreiber anvertraut.
Es ist über zehn Jahre her, da wollte Bremen mit dem inzwischen in Hamburg ansässigen Immobilienbesitzer AVW groß herauskommen: das Haven-Höövt-Einkaufszentrum in Vegesack, das Walle-Center und die „Markthalle“ auf dem Sedanplatz, hochwertige Einkaufsangebote, die die Kundschaft anlocken sollten. Heute drückt auf dem Sedanplatz Tedi die Preise, das Haven-Höövt scheiterte bekanntlich. Was blüht nun dem 9.000 Quadratmeter großen Mediterraneo?
Der Eigentümer sieht seine Kernkompetenzen „in der Realisierung von anspruchsvollen, städtebaulichen Entwicklungen“. Das steht so in dem Prospekt, mit dem die Firma AVW nun das „Outlet-Center“ anpreist, das an die Stelle des bisherigen Mediterraneo treten soll.
„Der stationäre Einzelhandel befindet sich momentan in schweren Zeiten“, heißt es im Prospekt weiter, die Kunden bevorzugten Online-Käufe. Auf der Internetseite verspricht das Mediterraneo immer noch, auf „völlig neue Akzente in der Shopping-Welt“ zu setzen. Doch gut zehn Jahre nach der Eröffnung steht es nicht gut um das „ungewöhnliche Shopping-Ambiente“, in dessen Zentrum eine Piazza mit – staatlich finanzierter – Glaskuppel zum gastronomischen Erholen lockt.
Nun soll ein Outlet, in dem Artikel verbilligt angeboten werden, die Rettung bringen. „Das Outlet-Konzept wird das bestehende Einkaufserlebnis deutlich vielseitiger machen. Auch Marken, die einst Mieter in Bremerhaven waren, werden wieder zurückkehren können“, heißt es von der AVW. Besonders Sportartikel, Unterwäsche und qualitative Markenanbieter aus dem Innenstadtsortiment sollen künftig zum Zuge kommen. Man erhoffe sich Kunden aus einem Umkreis von 90 Kilometern.
Zwar hat die Stadt neben der Glaskuppel auch das Fundament für die Parkgarage gebaut und einen Glasübergang in das benachbarte Columbus-Center für sechs Millionen finanziert. Dennoch hat sie keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der privaten Flächen. Melf Grantz bleibt optimistisch: „Wenn das gut gemacht ist, dann kann ein kleinteiliges Outlet die Innenstadt stärken.“ Ein Outlet-Center dort sei „allemal besser als ein Standort auf der grünen Wiese“.
Der Einzelabgeordnete Jürgen Milchert (parteilos) hat eine ganz andere Idee: Könnte das neben dem Alfred-Wegener-Institut und dem Klimahaus gelegene „Mediterraneo“ nicht zur ökologischen Markthalle werden? Mit Elektroautos, Fahrrädern, Museums-Shops und einem „Speakers Corner“ auf der Piazza? Doch dafür ist es wohl zu spät. Der Eigentümer hat längst einen Betreiber unter Vertrag. Er heißt „1a-Outlet“ und hat nach eigenen Abgaben mit dem City Outlet Bad Münstereifel „die gesamte Stadt vor der Verödung gerettet“. Was will Bremerhaven mehr?
Niedrige Kundenfrequenz
Vergangene Woche sprach Outlet-Projektbetreuer Oliver Maronna mit den Ladenbesitzern. Nach und nach sollen Outlet-Firmen nun die Ladenflächen übernehmen. Und auch die bestehende Läden können nur mitmachen, wenn sie 30 Prozent Rabatt auf ihre Ware geben. Piazza und Außengastronomie sollen im Prinzip bleiben. Und wer das nicht will, kann ins Columbus-Center umziehen, sagt Maronna. Die 20 verkaufsoffenen Sonntage des Mediterraneo will er gern beibehalten.
In den ersten Jahren hat das Mediterraneo vor allem vom Tourismus gelebt. Doch mit der Zeit wurden die Besucher weniger. Mit den Bremerhavener Segelmachern verlässt zum Monatsende eine besondere Attraktion das Einkaufscenter. „Die Kundenfrequenz im Mediterraneo ist erschreckend wenig geworden“, erklärt Chefin Eva Erkenberg nach neun Jahren im Mediterraneo. Ab Februar zieht ihr Laden in die Hafenstraße um und erweitert sein Angebot um eine gläserne Manufaktur.
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