piwik no script img

Einkaufen auf RisikoMensch braucht Abstandhalter

Ganz unterschiedlich gehen Supermärkte mit Schutzvorkehrungen um. Und die Kund:innen leider auch.

Geschützte Kassiererin Foto: dpa

Zweiundvierzig Einkaufskörbe und -wagen kursieren in dem kleinen Einkaufsmarkt in Friedrichshain. Wenn alle vergeben sind, bildet sich vor der Tür eine Schlange. Ein Mitarbeiter versperrt den halben Eingang und überwacht, dass niemand ohne Korb in den Markt schleicht.

Bei Edeka nimmt man es schon seit Tagen besonders genau mit den Corona-Sicherheitsvorkehrungen. Dass das keine Selbstverständlichkeit war und ist, zeigt ein Streifzug durch die Einkaufslandschaft.

Freitagseinkauf im Rewe: Keine vier Tage ist das her und die Republik diskutierte bereits intensiv über drastische Ausgangsbeschränkungen. Im Supermarkt dagegen ist fast alles wie immer. Vor der Kasse drängen sich die Leute. Eine Kassiererin, vermutlich selbst schon Risikogruppe, sitzt keine 50 Zentimeter entfernt von ihren zahlreichen Kund:innen, deren Geld nimmt sie mit bloßen Händen. Hier will man es wohl drauf ankommen lassen, wie systemrelevant diese Arbeitnehmer:innengruppe ist.

Einige Tage später wird die Ausgangsfreiheit tatsächlich in einem nie dagewesenen Maße beschränkt und der Einkauf wird den Berliner:innen damit womöglich lieber als je zuvor – endlich mal mit einem klaren Ziel raus vor die Tür. Inzwischen hat auch Rewe, der größte Einkaufsmarkt im Kiez, nachgerüstet: Eine Plexiglasscheibe schützt die Frauen an der Kasse vor der gefürchteten Tröpfcheninfektion. Klebeband am Boden markiert den Kund:innen, wie viel die berühmten anderthalb Meter sind, die sie einander fern bleiben sollen.

So weit ist man im 5 Minuten entfernten Lidl auch schon. Dazu weist ein Infozettel in kumpelhaften Duzton auf weitere Sicherheitsvorkehrungen hin: Bargeldlos bezahlen zum Beispiel. Eine Kundin, offensichtlich erkältet, schnäuzt in ihr Taschentuch, bevor sie die Zigarettenausgabe bedient und der Kassiererin ihr Geld in die Hand drückt. Die greift behandschuht durch ein Loch in der Plexiglasscheibe. Die Nachbar-Kassiererin trägt keine Handschuhe. „Ist freiwillig“, sagt sie.

Das Klopapier war übrigens in allen besuchten Märkten aus.

Im Drogeriemarkt und Biomarkt ähnliche Sicherheitsstufen, nur bei Edeka wirkt das Schutzpaket, als wäre es lange eingeübt. Der Mann am Eingang lässt einen passieren, sobald ein Korb frei ist. Über der Fleischtheke prangt auf drei Bildschirmen der Hinweis, Abstand zu halten, statt der Werbung für beste Metzgerware. Auch auf die Markierungen, die vor der Kasse am Boden kleben, ist der Hinweis aufgedruckt.

Per Lautsprecher werden die Kund:innen an eine freie Kasse gerufen. „Sie zahlen ja hoffentlich mit Karte“, begrüßt die Kassierin hinter der Scheibe sie. Niemand murrt, alle spuren. Nur da, wo die Markierungen vor der Kasse enden, knäueln sich die Leute wieder zusammen.

Der Mensch, er braucht offenbar die Abstandhalter.

PS: Das Klopapier war übrigens in allen besuchten Märkten aus.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Bei Kaufland läuft es sowohl bei Kundinnen als auch Verkaufspersonal deutlich disziplinierter und rücksichtsvoller als bei der LPG, wo das Personal sich schnell mal eng an einem vorbeidrückt oder sich andere Kunden angst- und intelligenzfrei dicht neben einen vors Regal stellen. Immerhin konnte ich noch das letzte Paket Mehl ergattern...

  • RS
    Ria Sauter

    Das hat der Edekamarkt bei uns um die ecke noch nicht kapiert. kein Schutz der Verkäuferinnen/Kassiererinnen. Keine Handschuhe, kein Abstandshalter.



    Wenn jemand freiwillig eine Lücke läßt drängt sich jemand dazwischen, meistens eine ältere Frau.



    Hab jetzt mal das Ordnungsamt informiert. Ging leider nicht anders.