Einigung in Koalitionsgesprächen: Staatsziel Kultur
Die SPD setzt sich durch: Kultur kommt ins Grundgesetz. Gegen Kürzungen bei kleinen Theatergruppen oder Kunstorganisationen hilft das nur bedingt.
BERLIN taz | Wer beruflich mit Kulturvermittlung zu tun hat, darf sich freuen. CDU und SPD haben sich laut Rheinischer Post darauf geeinigt, Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Damit ist eine jahrelange Diskussion entschieden. Die SPD hat diese Maßnahme seit Jahren gefordert, die CDU-Spitze war stets zögerlich.
Für Kulturverwalter in bundesweiten Institutionen wie etwa der Bundeskulturstiftung bietet dieser Schritt einige Möglichkeiten. Kultur ist in Deutschland Sache der Länder und Kommunen, in der Regel jedenfalls, Ausnahmen müssen ausdrücklich benannt werden. Im Kompetenzgerangel mit den Ländern können sich gesamtstaatliche Kulturvermittler nun auf das nationale Staatsziel berufen. Und in Budgetverhandlungen können sie auf ausreichende Mittel zu seiner Umsetzung pochen.
Was das konkret bringt, hängt vom Geschick der jeweiligen Verhandler ab. So haben einige Länder hehre Formulierungen zur Kulturförderung längst in ihre Landesverfassungen hineingeschrieben. Im Zweifel hat sie das aber nicht daran gehindert, Sparbeschlüsse umzusetzen.
Sehen sollte man auch die prinzipiellen Grenzen so eines Staatsziels. Es bedeutet natürlich keineswegs, dass die Kultur durch den Staat geschützt ist. Das kann der Staat nämlich gar nicht. Er kann nur Gelder zur Verfügung stellen und institutionelle Rahmen bieten – und sich darüber hinaus am besten so weit wie möglich aus der Kultur heraushalten. Die Lebendigkeit der Kultur kann von Staats wegen nicht verordnet, wohl aber behindert werden. Etwa, indem er nun nur noch einen bestimmten Kulturbegriff fördert: einen bildungsbürgerlich-klassischen zum Beispiel, oder, im schlimmsten Fall, den einer angeblich einheitlichen deutschen Nationalkultur.
Zu Sorge besteht da im Moment zwar wenig Anlass. Aber wer weiß schon, wer sich kulturpolitisch in den nächsten Jahren durchsetzt? Einige Fragen ergeben sich nun auch erst. In Berlin beispielsweise klagt die sogenannte freie Szene aus kleinen Theatergruppen und Kunstorganisationen derzeit über zu wenig staatliche Förderungen. Soll sie jetzt bis vors Verfassungsgericht gehen, um das Geld einzuklagen.
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