piwik no script img

Einigung im „Mazedonien“-NamensstreitEs ward „Republik Nord-Mazedonien“

Mehr als 25 Jahre hat der Zwist zwischen Griechenland und Mazedonien gedauert. Jetzt müssen die Parlamente der Länder noch zustimmen.

Griechenlands Alexis Tsipras (links) freut sich – doch ganz durch ist das Abkommen noch nicht Foto: dpa

Mehr als ein Vierteljahrhundert hat der Streit um den Namen Mazedonien gedauert. Am späten Dienstagnachmittag verkündeten nun Alexis Tsipras und Zoran Zaev, die Regierungschefs Griechenlands und Mazedoniens, das Ringen um den Namen der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik durch eine Einigung beenden zu wollen. Das Land werde in Zukunft Republik Nord-Mazedonien heißen, sagte Mazedoniens Ministerpräsident Zaev.

Der Vereinbarung waren monatelange Verhandlungen unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen vorangegangen. Im Jahr 1991 – nach dem Zerfall Jugoslawiens – ist der nördlich von Griechenland gelegene Nachbarstaat entstanden, der sich Mazedonien nannte. Er trug somit den gleichen Namen wie eine Region in Griechenland. Die griechische Regierung befürchtete seitdem potenzielle Gebietsansprüche des Nachbarlandes und blockierte aufgrund des Namens bisher seinen potentiellen Beitritt zur Nato und zur Europäischen Union (EU).

Tsipras zufolge ist es Griechenland deshalb wichtig gewesen, dass der Nachbarstaat den Namen Mazedonien mit einer zusätzlichen geografischen Bezeichnung von der griechischen Region deutlich abhebe. Alle Bedingungen der griechischen Seite seien erfüllt, sagte Tsipras während eines Treffens mit dem griechischen Präsidenten Prokopis Pavlopulos, das am Dienstag im Fernsehen übertragen wurde. „Das Abkommen mit der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien ist eine große diplomatische Errungenschaft“, so Tsipras.

Bisher war die Republik offiziell als „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“ (Fyrom) bezeichnet worden – dieser sperrige Name wäre somit ad acta gelegt. Seit Ende 2005 hat das Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Am 28. Juni findet der nächste EU-Gipfel statt. Die mazedonische Regierung hofft nun, dort einen konkreten Termin zur Einleitung der Beitrittsverhandlungen zu erhalten. Auch geht Zaev davon aus, beim Nato-Gipfel am 12 Juli die Einladung zu bekommen, das 30. Mitglied des Bündnisses zu werden.

„Deal mit Lücken und Fragen“

Am kommenden Wochenende soll die Vereinbarung der beiden Länder in der griechischen Grenzstadt Prespa unterzeichnet werden. Die linke griechische Tageszeitung Efimerida ton sydatkon sowie die regierungsnahe Tageszeitung H Avgi bezeichneten die Einigung als „historischen Schritt“. Die neoliberale Kathimerini ist weniger euphorisch und titelt: „Deal mit Lücken und Fragen“.

Der Kompromiss im Namensstreit wird sowohl von der konservativen griechischen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) als auch von Anel, dem rechtspopulistischen Koalitionspartner der linksgeführten Syriza-Regierung, heftig kritisiert. „Es ist ein nationaler Rückzug, dass Athen die Existenz einer mazedonischen Sprache und einer mazedonischen Ethnie akzeptiert hat“, twitterte ND-Parteichef Kyriakos Mitsotakis am Dienstag.

In einer schriftlichen Erklärung warf der Oppositionsführer Ministerpräsident Tsipras „geheime Diplomatie“ vor. Außerdem werde die Regierung keine Mehrheit im griechischen Parlament haben, um dieses Abkommen zu billigen, sagte er. Die Parlamente beider Länder müssen die Entscheidung ratifizieren, erst dann ist die Vereinbarung rechtskräftig. Zuerst solle das mazedonische Parlament abstimmen, so Tsipras. Griechenland werde dann folgen.

Panos Kamenos, Chef der Anel, hatte am Dienstag erklärt, seine Partei werde das Abkommen, das durch seinen Koalitions­partner geschlossen wurde, nicht akzeptieren. Na­tio­nalistische Gruppierungen in Griechenland kündigten Proteste gegen die Einigung an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Weil Griechenland sonst keine anderen Probleme hat. Syriza und Tsipras haben wirklich so ziemlich alles verraten, wofür sie angeblich einmal standen.

  • Mich hätte ja mal interessiert, ob die Angst der griechischen Regierungen, die Republik Mazedonien würde Ansprüche auf den griechischen Teil Mazedoniens erheben, überhaupt irgendwie Realitätsbezug hat.

    • @rero:

      Die Grenzziehungen in der Region sind seit dem Balkankrieg 1912 fragil. Die Existenz Mazedoniens wurde von den Nachbarn nicht akzeptiert. Der griechische Nationalismus negiert in seinem Staat bis heute die ethnische Vielfalt gerade in den Nordprovinzen. Nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren bekamen in Skopje Ultranationalisten Auftrieb, die die Innenstadt mit monströsen Alexander-Statuen verschandelten udn von vermeintlich einstiger Größe faselten. Alle beteiligten Regierungen - von Bulgarien, Mazedonien, Albanien bis Griechenland versuchen ihre ökonomischen Probleme mit Nationalismus zu übertünchen. Aber Vorsicht bei vorschnellen Schlüssen a la: 'typisch für diese unfähigen Balkanesen'. Deutschland, Polen, Dänemark und Tschechien brauchten zwei blutige Weltkreige, um ihre Grenz/Minderheitenprobleme zu lösen - samt massenhafter ethnischer Säuberungen. Thessaloniki, Saloniki, Salonika - einst das Tor zum Balkan und Nordosteuropa - könnte es wieder werden - das bleibt die Hoffnung.