Einigung im Koalitionsausschuss: Corona-Hilfe für die Wirtschaft
Union und SPD wollen Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtern und staatliche Investitionen erhöhen. Der Ölpreis sinkt auf niedrigsten Stand seit 1991.
Zudem soll Kurzarbeit schon möglich sein, wenn 10 Prozent der Belegschaft davon betroffen sind; bisher liegt dies Quorum bei 30 Prozent. Kurzarbeitergeld soll künftig auch von Leiharbeitnehmern bezogen werden können. Der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll bereits am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden und in der ersten Aprilhälfte in Kraft treten. Die diesbezüglichen Verordnungen sollen zunächst bis Ende 2020 gelten.
Anders als vielfach erwartet verständigten sich die Koalitionsparteien allerdings nicht auf eine vorgezogene Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Die Abschaffung ist für den 1. Januar 2021 geplant, im Gespräch war ein Vorziehen auf den 1. Juli.
Zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen hieß es, die Bundesregierung werde Vorschläge für Liquiditätshilfen für Unternehmen unterbreiten, die besonders von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen sind. Ein Gespräch mit den Spitzenverbänden der Deutschen Wirtschaft und den Gewerkschaften werde in Kürze stattfinden. Die steuerliche Besserstellung von Personengesellschaften wird durch die Einführung einer Option zur Körperschaftsteuer ermöglicht.
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„Durch die Corona-Krise soll möglichst kein Unternehmen in Deutschland in Insolvenz geraten, möglichst kein Arbeitsplatz verloren gehen“, hieß ein in eriner schriftlichen Erklärung der Spitzen von Union und SPD. Sie verwiesen auf die „bewährten Förderinstrumente“, die den betroffenen Unternehmen zur Verfügung stünden. Zugleich versicherten die Koalitionsspitzen, sollte sich die Lage verschärfen, „wollen wir schnell und passgenau reagieren können“.
Union und SPD bekräftigten zudem ihr Ziel, weitere Investitionen für mehr Wirtschaftswachstum zu tätigen. In der Finanzplanung von 2021 bis 2024 werden die Investitionen des Bundes um jeweils rund 3 Milliarden Euro verstärkt; dies ermögliche „neue Prioritäten“ in Höhe von insgesamt 12,4 Milliarden Euro.
Unterdessen ist aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Verbindung mit fallender Nachfrage und dem Streit zwischen der Opec und Russland über eine weitere Drosselung der Ölproduktion der Ölpreis abgestürzt: Er fiel am Montagmorgen um mehr als 30 Prozent auf gut 30 Dollar pro Barrel (159 Liter); das war der größte Preisverfall seit dem Golfkrieg 1991. In der Folge stürzten die Aktienkurse an den Börsen in Asien und in den Golfstaaten.
Börsenkurse fallen stark
Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hatte sich am Freitag mit ihren Partnern nicht auf eine Drosselung der Fördermengen einigen können, vor allem Russland sperrte sich. Der größte Produzent Saudi-Arabien kündigte daraufhin am Sonntag an, den Ölpreis stark zu senken – um bis zu 6 Dollar pro Barrel für Lieferungen an Asien und um 7 Dollar für Lieferungen an die USA. Experten warnten, der Preis pro Barrel könne auf 20 Dollar fallen, sollten sich die Opec und Russland nicht einigen.
An den Börsen der Golfstaaten stürzten am Montag die Kurse ab: In Kuwait wurde der Handel ausgesetzt, nachdem der Premier Index um 9,5 Prozent gefallen war. In Dubai gaben die Kurse um 9,0 Prozent nach, in Abu Dhabi um 7,1 Prozent. In Asien hatte sich zuvor ein ähnliches Bild gezeigt. In Tokio gab der Nikkei-Index um 5,07 Prozent nach, es war der stärkste Fall seit Februar 2018. In Australien fielen die Kurse um 7,33 Prozent, das war der höchste Fall seit Oktober 2008 in der Finanzkrise. In China reagierte vor allem der Index Hang Seng an der Börse in Hongkong, er fiel bei Handelsbeginn um fast 4 Prozent. In Schanghai und Shenzhen waren die Verluste geringer.
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