piwik no script img

Eine Torte für Rainer Wendt

Rainer Wendt Foto: Wolfgang Borrs

taz-Redakteur Martin Kaul hat den streitbaren Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft eingeladen. Doch streiten will er nicht mit Rainer Wendt. Er will sich beraten lassen

Es ist der spannendste Moment der Veranstaltung: Ein junger Mann trägt eine Sahnetorte in Richtung Podium. Rainer Wendt, Chef der deutschen Polizei­gewerkschaft, ist kurz verunsichert und sitzt wie versteinert da. Droht ihm jetzt das Beatrix-von-Storch-Treatment? Doch der junge Mann stellt den Sahnekuchen nur vor ihn auf den Tisch. Das Publikum lacht, und Wendt ist erleichtert, dass er ohne Torte im Gesicht weiterreden darf.

Er ist nicht zum Streiten geladen, obwohl der Polizist aus Duisburg derzeit am liebsten einen Zaun um Deutschland ziehen würde, um es vor Flüchtenden abzuschotten, was die meisten ZuhörerInnen nicht so witzig finden. Doch darum geht es nur am Rande. In erster Linie ist das Event eine „Nachhilfestunde“ für die deutsche Linke. Es soll um die öffent­liche „Erregungsmaschine“ ­gehen, die Wendt so erfolgreich für sich nutzt, um „Neuigkeiten aus dem Handwerkskasten eines Populisten“. Anderthalb Stunden lang erklärt Rainer Wendt, wie er seine Arbeit macht und was Linke davon lernen können. Eine Auswahl:

So klappt’s mit den Medien

krasse Dinge sagen und fordern, um Aufmerksamkeit zu bekommen (Beispiel: einen Zaun um Deutschland ziehen)

wenn man die Aufmerksamkeit hat, wieder etwas zurückrudern und seine Forderung relativieren

für Medien ständig verfügbar und flexibel sein

zu den richtigen Zeiten die richtigen Leute anrufen, um Dauerpräsenz in Zeitungen, Internet und Rundfunk zu erzeugen

Sommerpausen und den Januar nutzen, um Themen in der Öffentlichkeit zu setzen

zwei Polizisten in Uniform zu taz.lab-Veranstaltungen mitbringen, die an den richtigen Stellen klatschen

die Familie mitbringen, um sich als nahbaren Mann zu inszenieren

reden, reden, reden

sich wiederholen, sich wiederholen, sich wiederholen

Witze über den eigenen Körperbau und dürftigen Haarwuchs machen (erzeugt Sympathie)

Und so wird man Populist

Mann sein

in der CDU sein

Polizist sein

„aufrecht und gerecht“ sein

Was die taz Herrn Wendt rät

auf sexistische und frauenfeindliche Witzchen verzichten

auf Fragen eingehen

sich eine Antwort auf die Frage nach einer humanistischen Aussage überlegen

auf Eigenwerbungseinlagen (Frühstück mit Merkel, Einladung zum 60sten von Merkel, blablabla) verzichten

ebenso auf langwierige Werbeeinlagen zu seinen Themen (Halterhaftung etc. pp.) verzichten

rechten Publikationen (Compact, Junge Freiheit) keine Interviews geben

Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen einführen

Hannah Weiner

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen