Eine Floskelkritik: Ohne Ende am Ende des Tages
Schon vor zehn Jahren wurde über das gehäufte „am Ende des Tages“ geschrieben. Was das Wiederauftauchen einer Floskel über unsere Gegenwart erzählt.
Am Ende des Tages steht die Erkenntnis, dass alles schon viel früher angefangen hat. Schon vor mehr als zehn Jahren schrieben wache Kolleg:innen angemessen angepisste Artikel über das algenblütenartige Anwachsen der Floskel „am Ende des Tages“ (AEDT). Damals allerdings wurde die Defensivformel im Managersprech verortet, heute schallt sie einem schon frühmorgens aus jedem zweiten Politinterview entgegen, mit einer mümmeligen Mundgeruch verbreitenden Penetranz, dass sich einzig der Weg zurück in Bett als Rettung vor einem trüben Tag und seinem unvermeidlichen Ende anbietet.
Aber warum nervt die Sache so? Natürlich nicht, weil es sich, vermutlich, um einen Amerikanismus handelt; es ist die toxische Schlaff- und Schlappheit, die das AEDT verbreitet, die die sie Verwendenden ja gern für sich in Anspruch nehmen können, wenn sie eben nicht wie ein Insektenvernichtungsmittel in den Blutkreislauf auch der unschuldig Zuhörenden einlaufen würde.
Am Endes des Tages ist nämlich immer alles wie am Anfang, alles ist sinnlos, jede neue Idee ist am tragisch-sinnlosen Schluss nur ein Versuch, das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszuzögern. Am Ende des Tages ist alles alternativlos – und da sind wir mal wieder bei Maggie Thatchers neoliberalem Morgengebet „There is no alternative“ angelangt; und da ist es doch wieder wie am Beginn dieser kleinen Glosse: Muss es nicht beunruhigen, wenn in unseren harten Zeiten ausgerechnet die Politik, die nun führen müsste, zu einer Floskel aus der Managersprache greift? Oder können wir sagen: Die Lage ist so verzweifelt-eindeutig, dass wir wirklich keine Umwege mehr einschlagen dürfen, wenn wir uns noch retten wollen?
Aber liefern wir doch selbst mal die Alternative! Nehmen wir dazu, damit wir nicht immer wie ostdeutsche Montagsnazis auf der Politik herumhacken, einen schönen Satz des grundsympathischen Eintracht-Frankfurt-Präsidenten Peter Fischer: „Wenn du einmal die Chance hast, im Supercup-Endspiel zu spielen, gegen Real Madrid, nicht gegen die Wetterau, Real Madrid! Wenn du dann noch da unten auf dem Platz die Auszeichnung als bester Spieler der Europa League bekommst, vor 500 Ländern, die irgendwo gucken, und du machst das nicht, dann merke ich doch, wie versaut das Geschäft am Ende des Tages ist.“ Die Lösung ist am Ende ganz einfach: Einfach weglassen.
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