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Ein neuer Chef

Klimaforscher leitet künftig die Nationale Akademie Leopoldina

Die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften mit Sitz in Halle an der Saale, soll dynamischer und digitaler werden. Das kündigte ihr neuer Präsident, der Klimaforscher Gerald Haug an, der am 1. März das Amt von seinem Vorgänger, dem Mikrobiologen Jörg Hacker übernimmt. Hacker hatte die 1652 gegründete Gelehrten­gesellschaft zehn Jahre lang geführt und nach ihrer Ernennung zur Nationalakademie 2008 zu einer beachteten Instanz der wissenschaftlichen Politikberatung ausgebaut.

„Wir müssen in der Lage sein, auf nationaler wie internationaler Ebene gesellschaftlich brennende Themen innerhalb weniger Wochen zu bearbeiten“, sagte Haug bei der Feier zur Amtsübergabe Mitte Februar. Wie das geschehen kann, zeigte die Leopoldina im vergangenen Sommer, als in kurzer Frist eine von Haug initiierte Stellungnahme zu den „Klimazielen 2030“ für die Bundesregierung formuliert wurde. Dass die Ratschläge der Wissenschaftler nur minimal in das von der Politik geschnürte „Klimapaket“ aufgenommen wurden, hatten die Forscher nicht zu verantworten.

Der für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählte Haug war zuletzt am Max Planck Institut für Chemie in Mainz tätig, wo er auch mit dem Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen zusammenarbeitete. Crutzen hat das Konzept des „Anthropozäns“ entwickelt, mit dem die grundlegende Veränderung des Planeten durch den Menschen beschrieben wird. Das Thema des menschengemachten Klimawandels wolle die Leopoldina weiter ausbauen und intensivieren, erklärte Haug. Er wolle damit auch „stärker antizipative Formen der wissenschaftsbasierten Beratung“ verbinden, die gesellschaftliche Veränderungen aufgreifen, wie in diesem Fall die Fridays-for-Future-Demonstrationen. Das Beispiel zeige: „In den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit werden vollkommen neue Erwartungen gesetzt, was Intensität, Geschwindigkeit und Verlässlichkeit betrifft“, sagte Haug in seiner Antrittsrede. Eine weitere „dringliche Aufgabe“ sieht der neue Akademiepräsident darin, die „digitale Revolution in Wissenschaft und Gesellschaft kritisch zu begleiten“. Dafür sehe er „mindestens drei Aktionsfelder: Digitalisierung in der Gesellschaft, in der Wissenschaft und in der Akademie“. Dies betreffe nicht nur interne Abläufe der Gelehrtengesellschaft, sondern „auch die Kommunikation der Leopoldina nach außen“. Als Beispiel nannte Haug die „konsequente Open-Access-Transformation unserer wissenschaftlichen Publikationen“. Das Wissen der Akademiker soll größere und schneller Verbreitung finden. Der Leopoldina gehören rund 1.600 Mitglieder aller Wissenschaftsdisziplinen aus 30 Ländern an.Manfred Ronzheimer

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