: Ein faires Urteil
■ Lübecker Brandnacht: Freispruch für Safwan Eid
Safwan Eid wurde gestern erwartungsgemäß freigesprochen. Auch die Lübecker Staatsanwälte hatten schon zu erkennen gegeben, daß ihnen die Gutachten und Zeugenaussagen nicht für eine Verurteilung des Libanesen reichen würden.
Beachtung verdient deshalb die Begründung des Urteils. Zunächst verwies die Kammer den Vorwurf, daß gegen Safwan Eid ein rassistisches Verfahren geführt wurde, in den Bereich der Ideologie. Das Gericht lobte die Verteidigung Eids für ihre hartnäckige Würdigung und Einvernahme der Beweise und Zeugen. Gleichzeitig nahm das Gericht den Angeklagten gegen seine politischen Freunde in Schutz: Er könne nichts für ihre Sicht der Dinge, nach der gegen Eid ein Schauprozeß abgehalten wurde. Schlußendlich fiel die Kritik an den Ermittlern, an Polizei und Staatsanwaltschaft vernichtend aus. Dem Gericht habe nicht genügend Material zur Verfügung gestanden, um sich ein fundiertes Urteil über die Brandnacht und seine Vorgeschichte bilden zu können. Die Polizei habe einseitig, häufig zu Lasten des Angeklagten ermittelt; die Staatsanwaltschaft habe es zudem nicht vermocht, entlastende Indizien zu würdigen.
Am Ende gab das Gericht unumwunden zu, vor einer Aktenruine zu stehen: Nichts Genaues weiß man nicht. Das Fazit der Urteilsbegründung klang bitter: Der Tod der zehn Menschen konnte nicht aufgeklärt werden.
Es liegt nun an den Verantwortlichen der Justiz und Polizei, ihre Ermittlungsapparate zu hinterfragen. Vieles deutet darauf hin, daß die Recherchen zur Lübecker Brandkatastrophe nicht frei von zumindest unbewußtem Rassismus waren. Der Sanitäter, der von Eid die Aussage „Wir war'n's“ gehört haben wollte, kam da als De-facto- Kronzeuge sehr gelegen. Auch daß die Grevesmühlener Jugendlichen über Alibis verfügten, die zu erschüttern selbst dem Safwan-Eid-Unterstützerkreis nicht gelang, verführte die Verantwortlichen dazu, sich an Safwan Eid zu halten.
Das Lübecker Landgericht fällte das einzig mögliche Urteil – im Zweifel für den Angeklagten. Wenn der Richterspruch nun auch noch dazu beiträgt, die Polizei zu größerer Mühe und Sorgfalt bei ihren Ermittlungen anzuhalten, wäre mehr gewonnen als nur die Freiheit für Safwan Eid. Jan Feddersen
Bericht Seite 5
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