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Ein Zeichen für das Leben

Preis erinnert an getötetes Mädchen

Der 18. Dezember ist ein zwiespältiger Tag, ein trostloser, dem man im Wissen um seine Trostlosigkeit etwas Hoffnung mitgeben möchte. Denn am 18. Dezember 2013 starb in Hamburg die dreijährige Yağmur an den Misshandlungen ihrer Mutter. Und am 18. Dezember wird in Hamburg der „Yağmur-Erinnerungspreis“ verliehen, der Zivilcourage im Kinderschutz auszeichnen soll.

Yağmur starb in gewisser Weise unter den Augen der Öffentlichkeit. Denn sie war den MitarbeiterInnen des Jugendamts bekannt. Das Mädchen war kurz nach ihrer Geburt zu einer Pflegemutter gekommen und als Zweijährige auf Wunsch der Eltern zurück zu ihrer Ursprungsfamilie.

Michael Lezius, der Stifter der Yağmur-Gedächtnisstiftung, war selbst Pflegevater und hat als Privatperson nicht nur den Prozess gegen Yağmurs Eltern verfolgt, sondern auch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Der sollte klären, wie es dazu kommen konnte, dass Jugendamt, Rechtsmedizin und Familiengericht gleichermaßen Kenntnis davon hatten – oder hätten haben können – dass Yağmur gefährdet war und zu wenig dagegen taten.

Dort und im Prozess gegen die Mutter hörte man Dinge, die man schlecht wieder vergisst und sah Bilder, die einen lange verfolgen. Es waren Details, die denen vorangegangener Fälle von Kindesmisshandlung in Hamburg glichen: Sechs Kinder waren dort in elf Jahren unter öffentlicher Aufsicht zu Tode gekommen.

Michael Lezius wollte nichts vergessen, er wollte den Zorn und die Trauer in etwas Zukunftsgewandtes verwandeln. Deswegen hat die Stiftung in der Vergangenheit Projekte ausgezeichnet wie die Beratungs- und Frühinterventionsstelle „Augenblicke e.V.“, die junge Mütter betreut, die in ihrer Kindheit Misshandlungen erlebt haben. Der Verein versucht zu verhindern, dass sich dieses Leid verewigt, dass die Mütter mit ihrer biographischen Hypothek in Rollen verfallen, unter denen sie selbst gelitten haben.

Am kommenden Dienstag wird nun erneut der Yagmur-Erinnerungspreis verliehen – und es wird wieder ein zwiespältiger Tag sein. Friederike Gräff

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