Ein Vorbild für Kristina Köhler: Österreich fördert den neuen Mann
CDU-Familienministerin Köhler will bessere Politik für Männer machen. Österreichs Regierung macht's vor: Sie sponsert Besuchscafés für Trennungsväter.
Männerarbeit, wie sie von der jungen CDU-Familienministerin Kristina Köhler angedacht wird, lohnt sich. Dieser Meinung ist Ines Stilling, Leiterin des Büros für Frauen und öffentlichen Dienst im österreichischen Frauenministerium. Allerdings, so schränkt sie ein, komme es darauf an, wo man ansetze. Derzeit sei sie mit dem Schwerpunkt Gewaltprävention eine klare Ergänzung zur Frauenarbeit.
Als Sozialminister Herbert Haupt (FPÖ) im Jahre 2002 die Männerpolitische Grundsatzabteilung VI/6 ins Leben rief, wurde dies in Medien und engagierten Frauenkreisen mit Belustigung bis Panik kommentiert. Alexandra Bader von der feministischen Internetplattform Ceiberweiber spricht von einer "Abrechnung mit dem Feminismus". Denn in der rechtslastigen ÖVP-FPÖ-Regierung sei man der Meinung gewesen, für Frauen werde zu viel getan.
Folgerichtig brauchte man kein Frauenministerium. Die Frauenagenden wurden in der Abteilung "Frauen und Gesundheit" des Sozialministeriums für ausreichend gewürdigt betrachtet. "2002 stand im Zeichen der Emanzen-Disziplinierung", schrieb Heidi Ambrosch, die Frauensprecherin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), rückblickend: "An die 250 Vereine, darunter viele, die sich mit feministischer Medien-, Beratungs- und Bildungsarbeit befassen, wurden inquisitionsähnlich mittels eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses durchleuchtet. Subventionen wurden gekürzt, in einigen Fällen auch gänzlich gestrichen."
Dieser Kahlschlag unter Fraueninitiativen sei, so Alexandra Bader, weniger der Schaffung einer Männerabteilung geschuldet als der generellen ideologischen Ausrichtung der Regierung. Denn das Geld komme aus unterschiedlichen Töpfen.
Anfangs habe sich die Abteilung vorwiegend den Anliegen von Scheidungsvätern gewidmet. Politisch schlug sich das in der später beschlossenen gemeinsamen Obsorgeregelung nieder. Anders als in Deutschland kann die aber nur im Falle einvernehmlicher Scheidung beziehungsweise bei ausdrücklicher Einigung angewandt werden. Darüber hinaus hörte man von der umstrittenen Abteilung wenig, solange Sozialminister Haupt am Ruder war. Auch unter seiner Nachfolgerin Ursula Haubner, der Schwester von Jörg Haider, änderte sich wenig. Die Abteilung VI/6 rechtfertigte ihre Existenz durch eine Anzahl von Studien, darunter welche über Scheidungsfolgen für Männer oder Suizide von Männern.
"Wahnsinnig wissenschaftlich" seien diese Publikationen nicht, meint Ines Stilling, und in der Darstellung "eher einseitig". Erst als vor drei Jahren mit der rot-schwarzen Regierung Alfred Gusenbauer das Ministerium die Farbe wechselte und der Sozialdemokrat Erwin Buchinger die Sozialagenden übernahm, setzte sich eine modernere Auffassung von Männerarbeit durch.
Für Stilling aus dem Frauenministerium war die Zäsur deutlich: "Weg von der Rückschau mit Berichtswesen, hin zu konkreten Angeboten für Männer". Hervorzuheben seien vor allem zwei Einrichtungen: die Besuchscafés und die Täterarbeit beziehungsweise der Opferschutz.
In den Cafés können Väter ihre Kinder im geschützten Raum empfangen. SozialarbeiterInnen und PsychologInnen bieten Beratung nach der Trennung an, können aber auch beim Kontakt mit dem entfremdeten, eventuell manipulierten Kind helfen. Mit 600.000 von 700.000 Euro des Förderbudgets bilden diese Cafés den Schwerpunkt der Arbeit. Bader von den Ceiberweibern bestätigt die positive Wende: "Buchinger hat das emanzipatorisch gemacht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin