Ein Stadtteil für alle

STADTENTWICKLUNG Auf dem Gelände des Klinikums Mitte werden große Flächen für Neubauten frei: Rot-Grün verspricht, dass Arm und Reich etwas davon haben sollen

Auch im Pathologie-Gebäude könnten Wohnungen entstehen. Bild: kawe

Viel Geld soll der Verkauf der ab 2014 frei werdenden Flächen auf dem Gelände des Krankenhauses Bremen-Mitte bringen. Schließlich soll der Erlös zur Finanzierung des modernen Neubau-Komplexes beitragen, der verschiedene Klinikgebäude ersetzen soll. Gleichzeitig ist es politischer Wille, zumindest einen Teil des 14 Hektar großen Areals nicht an die Höchstbietenden zu verkaufen. So steht es schwarz auf weiß im gerade unterschriebenen Koalitionsvertrag: Auf dem Gelände des Klinikums Mitte will die rot-grüne Regierung dafür sorgen, "dass neben hochwertigem auch bezahlbarer Wohnraum angeboten" wird. Außerdem will man das in Bremen bisher kaum mögliche gemeinschaftliche Wohnen fördern, heißt es. Nicht nur an diesem Ort, aber dort eben "unbedingt", wie es die Stadtbürgerschaft im Dezember einstimmig beschloss.

Diese Ankündigung weckt Begehrlichkeiten, eine bessere Lage für Neubauten ist kaum vorstellbar - zwischen Viertel und Peterswerder, in fußläufiger Nähe zur Weser. Entsprechend groß ist das Interesse am Beteiligungsverfahren. 100 Personen hatten sich etwa zum jüngsten Treffen am Freitag vor einer Woche in der Friedensgemeinde eingefunden. Dort konnten sich die Bürger und Bürgerinnen aber nur an der Vorbereitung des Verfahrens beteiligen.

Nach der Sommerpause soll es konkreter zur Sache gehen, wie am Freitag Eva Herr, Stadtplanerin beim Bausenator, erklärte. Dann müsse man auch finanzielle Themen ansprechen. "Die Stadt hat sich angeguckt, was im besten und schlechtesten Fall verdient werden kann. Das müssen wir offenlegen." Der Planungsprozess sei dazu da, die verschiedenen Interessenlagen zu artikulieren und sich daraus ergebende Konflikte zu lösen. Klar sei, dass nicht jeder Wunsch berücksichtigt werden könne und dass Kompromisse gemacht werden müssten.

Neben der Frage, welchen Platz Autos in dem Quartier "Neues Hulsberg" bekommen, wird die Zahl der zukünftigen Anwohner und Anwohnerinnen ein Streitpunkt sein: Politisch gewollt ist ein urbanes und "verdichtetes Quartier", wie es die grüne Baupolitikerin Karin Krusche bei der Bürgerschaftssitzung im Dezember formuliert hatte. Ein "Wohnen im Park" sei deshalb nicht möglich, nicht zuletzt weil möglichst viele Flächen verkauft werden müssen, um einen hohen Gewinn zu erzielen. 1.500 bis 2.000 Menschen, so schätzt die Stadtplanerin Herr anhand der Anwohnerdichte in vergleichbaren Stadtteilen, werden einmal auf dem Gelände leben. Nicht nur in Neubauten, sondern auch in alten Klinikgebäuden, die zum Teil nicht abgerissen werden dürfen, wie die Backstein-Klinikbauten an der St.-Jürgen-Straße, die unter Denkmalschutz stehen.

Verbunden mit der Anwohnerdichte ist die Frage, wie hoch die neuen Gebäude sein müssen beziehungsweise dürfen. Grundsätzlich müsse man sich in der Stadtplanung an der Umgebung orientieren, sagt Herr. "Die ist in diesem Fall aber sehr heterogen." Auf der einen Seite stünden die niedrigen zweigeschossigen Bremer Häuser in der Nachbarschaft, auf der anderen die hohen Klinikbauten.

Eine klare Vorstellung von den Geschosshöhen hat Bernhard Lieber, der 35 Jahre als Stadtplaner beim Bausenator gearbeitet hat und sich jetzt privat mit zwei weiteren Stadtplanern als Anwohner in die Debatte einmischt: Von "drei bis fünfgeschossigen Gebäuden" schreiben die "Klinikumfreunde", wie sie sich nennen, in einem Flyer, den sie verteilt haben und in dem sich auch eine Planungsskizze (siehe Abbildung unten) befindet. Diese zeigt detaillierte Vorschläge, welche Altbauten wie genutzt werden und wo Neubauten stehen könnten. Leitgedanke ist der Erhalt eines möglichst großen Teils der Grünflächen und des Baumbestandes sowie des Wegenetzes. Gerne hätte Lieber seine Pläne im Beirat Östliche Vorstadt öffentlich vorgestellt und diskutiert. "Das wollte man aber nicht, weil man der Ansicht ist, wichtiger als Pläne seien zu Beginn eines Verfahrens zuerst Fragen der Bürgerbeteiligung". Seine Befürchtung ist, dass der Spielraum aus finanziellen Gründen enger ist als es derzeit erscheint, das Beteiligungsverfahren wecke manche Hoffnung, die enttäuscht werden müsse.

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