Ein Song für Emma Coronel: Neue Karriere vor der Kamera

Mariel Colón Miró vertrat als Anwältin „El Chapo“ und dessen Frau Emma Coronel. Als Sängerin hat sie dieser nun ihren Song „La Señora“ gewidmet.

Emma Coronel verlässt das Gericht, umgeben von Leibwächtern, in dem ihr Mann El Chapo zu lebenslanger Haft verurteilt wurde Foto: Jesse Ward/Zuma/imago

Emma Coronel spielt Emma Coronel. Wer könnte auch besser die Geschichte der jüngsten Ehefrau des mexikanischen Mafiachefs Joaquín „El Chapo“ Guzmán Loera darstellen als sie selbst? Das dachte sich wohl auch die Sängerin Mariel Colón Miró und entschied, die 35-Jährige als Protagonistin in ihrem jetzt veröffentlichten Videoclip „La Señora“ einzusetzen.

Die Musikerin war, by the way, die juristische Verteidigerin von „El Chapo“, und später auch Coronels rechtlicher Beistand. Als Künstlerin nennt sie sich denn auch „La Abogada“, die Anwältin. Fast naheliegend, dass sie sich in ihrem neuen Song dem Leben ihrer Freundin und Ex-Mandantin Emma widmet.

Man kann also von einem Familienbetrieb sprechen, von dem alle irgendwie profitieren. Wobei Guzmán Loera deutlich schlechter wegkommt als die beiden Ladys. Der Chef des Sinaloa-Kartells verbüßt in den Vereinigten Staaten eine lebenslange Gefängnisstrafe, unter anderem, weil er um die 3.000 Menschen selbst umgebracht oder deren Tod angeordnet haben soll. Coronel, die Jahre später festgenommen wurde, konnte den Knast im September 2023 nach 2 ½ Jahren vorzeitig verlassen.

Wahrscheinlich hat sie sich wie die meisten in den USA verurteilten Mafia-Mitglieder auf einen Deal eingelassen: Namen gegen Straffreiheit. Angesichts von fast 100.000 Menschen, die jährlich in den USA durch Fentanyl sterben, gilt das Sinaloa-Kartell, ein Hauptlieferant des synthetischen Opiats, in den Vereinigten Staaten neben Mi­gran­t*in­nen als Feind Nummer 1. Wer plaudert, ist Gold wert.

Moral und Rechtsstaatlichkeit spielen keine Rolle. Nicht bei den Behörden und schon gar nicht bei den Kriminellen. Dabei könnte man ja meinen, es gäbe in der Mafia einen ethischen Kodex. Doch auch da unterscheidet sich der illegale Markt nicht von seinem legalen Pendant.

Verhaftet in Texas

Das zeigt sich in diesen Tagen an der Festnahme von El Chapos Sohn Joaquín Guzmán López und dem neben „El Chapo“ wichtigsten Mann des Sinaloa-Kartells: Ismael Zambada „El Mayo“. Die beiden wurden am 25. Juli nahe der texanischen Stadt El Paso verhaftet, nachdem sie dort mit einem Flugzeug gelandet waren.

Bis heute ist unklar, warum die beiden ins Nachbarland geflogen sind. Insbesondere bei „El Mayo“ ist das verwunderlich. Der 76-jährige hielt sich Ex­per­t*in­nen zufolge meist in seiner Heimatregion auf und wurde dort nie gefasst.

Nach der Festnahme wirft er Guzmán López vor, dieser habe ihn getäuscht. Der Chapo-Sohn habe behauptet, man fliege zu einem Treffen mit Rubén Rocha, dem Gouverneur von Sinaloa, um ihn dann zu entführen und in El Paso den US-Behörden auszuliefern. Ob das stimmt? Vielleicht.

US-Angaben zufolge hat Guzmán ­López darüber verhandelt, sich in den USA zu stellen. Die mexikanische Regierung hat schlicht keine Ahnung, was genau passiert ist und beschwerte sich deshalb in Washington. Zambada dagegen ist an böswillige Hinterhalte gewöhnt: Sein Sohn sagte im Prozess gegen El Chapo aus, legte dort Teile der Struktur des Sinaloa-Kartells offen und belastete damit auch seinen Vater.

Ein Leben an der Seite des Mörders

Die in den USA lebende Emma Coronel ist da zurückhaltender. Sie sei aber immer noch dieselbe, nur in ihren Aussagen vorsichtiger, betont sie. „Es sind heftige Dinge passiert, auch gute“, resümiert sie in dem bei Latinos beliebten Sender Univision ihr Leben an der Seite des Massenmörders Guzmán.

Wobei nicht jede ihrer Entscheidungen freiwillig gewesen sein dürfte. Die damalige Schönheitskönigin wurde im Alter von 17 Jahren mit dem mehrfach verheirateten 49-jährigen Chapo in einer 800-Seelen-Gemeinde vermählt. Sie liebe ihn aber immer noch, betont sie.

Mit der Unterstützung von „La Abogada“ will Coronel, neuerdings mit knallblond gefärbten Haaren, nun also Karriere vor der Kamera machen. Helfen soll dabei auch Mario Delgado, der den Text von „La Señora“ geschrieben hat. Der Mann hat Erfahrung in dem Metier. Als Verfasser von Narcocorridos hat er bereits für Emmas Mann gedichtet. „Ich bin kein Massenmörder, sondern einfach nur Joaquín Guzman“, heißt es in einem seiner Songs. Na dann.

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Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.

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