Ein Jahr LADG: „Wichtige Errungenschaft“
Das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) trat vor einem Jahr in Kraft. Verbände ziehen positive Bilanz und loben die Arbeit der Ombudsstelle.
Als „sehr gelungen“ loben die Verbände die von der Justizverwaltung eingerichtete Ombudsstelle, die als Anlaufstelle für Betroffene fungiert. Sie gehe „professionell und offen“ mit den Erfahrungen von Betroffenen um und arbeite „konstruktiv und fruchtbar“ mit den Initiativen und Verbänden zusammen.
Am 21. Juni 2020 war – bundesweit einmalig – das LADG in Kraft getreten. Es verbietet Berliner Landesbehörden, Verwaltungen und landeseigenen Betrieben die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Religion, ihrer ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, des Geschlechts, einer Behinderung oder weiterer in Paragraf 2 des Gesetzes aufgezählter Merkmale. Nach den meisten dieser Merkmale darf schon laut Grundgesetz (Art. 3) nicht diskriminiert werden.
Doch wie beim Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Diskriminierungen im privatwirtschaftlichen Sektor, etwa bei der Wohnungsvergabe oder Dienstleistungen, verbietet, gibt erst die Ausformulierung in einem Gesetz Betroffenen einen einklagbaren Rechtsanspruch samt Entschädigungsmöglichkeit.
Klagewelle ist ausgeblieben
Das LADG sieht dafür zunächst die Ombudsstelle vor, die Beschwerden nachgehen und eine gütliche Einigung mit der betroffenen Behörde versuchen soll. Wie beim AGG sieht das Gesetz auch eine „erleichterte Beweispflicht“ vor. Das heißt, wenn der oder die Betroffene „Tatsachen glaubhaft macht“, dass eine Diskriminierung vorliegt, „obliegt es der öffentlichen Stelle, den Verstoß zu widerlegen“ (Paragraf 7). Kritiker hatten dies vorab als „Beweislastumkehr“ verunglimpft und behauptet, damit sei ungerechtfertigten Beschwerden, deren Bearbeitung viel Arbeitskraft binden würde, Tür und Tor geöffnet.
Wie beim AGG habe sich dies auch beim LADG nicht bewahrheitet, erklärten die Initiativen, die befürchtete „Klagewelle“ sei ausgeblieben. Dies hatte auch die Leiterin der Ombudsstelle, Doris Liebscher, in einer ersten Bilanz kürzlich festgestellt. Bei ihr waren nach knapp einem Jahr rund 300 Beschwerden eingegangen.
Die Initiativen stellen fest: „Wir beobachten, dass trotz eingeführter Beweislasterleichterung Diskriminierungen häufig subtil und unterschwellig wirken und schwer beweisbar sind. Aufgrund mangelnder Zeug*innen und Beweismaterialien werden Diskriminierungserfahrungen von Betroffenen abgestritten und die Anerkennung einer Diskriminierung bleibt, nicht zuletzt aufgrund eines fehlenden Diskriminierungsverständnisses, eine Herausforderung in den Beratungsprozessen.“ Auch Liebscher hatte erklärt, bei der Polizei etwa fehle, trotz Bemühungen, oft die Einsicht zur selbstkritischen Reflexion.
Dennoch ist es bislang nicht zu einer nach dem Gesetz möglichen Klage gekommen. Zwar sieht das LADG ein Verbandsklagerecht vor, was eine Erleichterung für Einzelpersonen ist, dennoch blieben vor allem die finanziellen Risiken einer Klage hoch, so die Verbände. Sie fordern daher die Einrichtung eines Prozesskostenhilfsfonds. „Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um die Rechte von Betroffenen geltend zu machen“, so Shemi Shabat, Projektleiter des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin.
Allerdings hatte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) im März im taz-Interview erklärt, dass eine Erhöhung des Etats im Bereich Antidiskriminierung unrealistisch sei.
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