Ein "Golden Globe" für Johnny Depp: Der Radikale
Johnny Depp bekam für seine schauspielerische Leistung den Golden Globe: als serienmordender Barbier in Tim Burtons "Sweeney Todd".
Das gabs noch nie: Eine Golden-Globe-Verleihung ohne roten Teppich, extravagante Klamotten und gewitzte Dankesreden der Geehrten. Wegen des Streiks der Drehbuchautoren fand lediglich eine halbstündige Pressekonferenz im Beverly Hilton statt. Auch John Christopher Depp II, so sein voller Name, wurde hier für seine schauspielerische Leistung mit dem Golden Globe geehrt. Depp spielt in Tim Burtons Musikfilm "Sweeney Todd" einen dämonischen Barbier von der Fleet Street. Sein Wunsch nach Rache - ein Richter hat ihn ins Gefängnis gebracht, um ihm die Frau nehmen zu können - artet zu einem veritablen Krieg gegen alles und jeden aus. Rollen wie diese sind typisch für Depp, der dafür bekannt ist, nur die Angebote anzunehmen, die ihm interessant und radikal genug erscheinen.
Depp verkörpert meist komplexe, widersprüchliche und gebrochene Charaktere, die nicht so recht dazugehören zur Gesellschaft, die sie umgibt. Das gilt für den sterbenden, immer tiefer in den amerikanischen Wald wandernden Schuldeneintreiber in Jim Jarmuschs "Dead Man" wie für den exzentrischen, gefühlsarmen Schokoladenfabrikanten Willy Wonka, der von der Dressur seines strengen Vaters gezeichnet ist.
Der Sohn einer Kellnerin und eines städtischen Angestellten wurde 1963 in Owensboro, Kentucky geboren. Seine Familie hat irische und deutsche Wurzeln, auch eine Cherokee-Urgroßmutter gehört dazu. Biografen haben außerdem eine hugenottische Linie identifiziert, aus der der etwas gewöhnungsbedürftige Nachname der Familie stammen soll.
Seine Karriere hat Depp mit zwei Filmen begonnen, die heute als Klassiker in ihren Genres gelten können: zum einen der Teen-Horrorstreifen "A Nightmare on Elm Street" (1984) und Oliver Stones Vietnamfilm "Platoon" (1986). Zum Teenager-Idol wurde Depp Ende der Achtziger mit der TV-Serie "21 Jump Street". Dieser Kultstatus hat ihn offensichtlich stark verunsichert: Er habe sich plötzlich wie ein Produkt gefühlt, die ganze Situation sei sehr unangenehm gewesen, weil er damit nur schwer habe umgehen können. Als Jugendlicher hatte sich Depp immer wieder selbst Schnittwunden zugefügt. Sein Körper sei wie ein Journal, das Auskunft über schwierige Lebensphasen gebe, sagte er später dazu.
In seinen Filmen gelingt es Depp, den extremen Figuren, die er verkörpert, dennoch komödiantisches Potenzial abzugewinnen, jüngst etwa als Pirat Jack Sparrow in "Pirates of the Caribbean". Das erklärt vielleicht seinen Erfolg. Heute ist Johnny Depp einer der wenigen, die noch als Star im klassischen Sinn durchgehen können - derzeit der bestverdienende in Hollywood.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!