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Ein Bild schöner als das andere

„Rashomon“ zerrspiegelt die Suche nach der Wahrheit, was sich bei der Kurosawa-Reihe im Babylon wieder sehen lässt

„Rashomon“ am heutigen Donnerstag um 19 Uhr in der Akira-Kurosawa-Reihe im Filmkunsthaus Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30

In Zeiten gut sortierter Videotheken allüberall muss man sich diese Frage vielleicht nicht mehr stellen. Dennoch: Wenn man jetzt nur einen japanischen Film mit auf die notorisch einsame Insel mitnehmen dürfte, dann … würde man wohl einen von Akira Kurosawa auswählen. Mögen sich dessen Chartsnotierungen auch eher bescheiden ausnehmen, gab es doch Preise, klar. 1985 eine Oscar-Nominierung für „Ran“, vier Jahre später immerhin den Ehren-Oscar für das Lebenswerk des aus einer Samurai-Sippe stammenden Regisseurs. Und prominente Bewunderer. Steven Spielberg schätzte ihn als „our greatest living filmmaker“, natürlich noch zu Lebzeiten Kurosawas, der am 6. September 1998 verstarb.

In seinem Nachruf in der taz schrieb Georg Seeßlen: „Kurosawas Filme waren für das europäische Publikum eine Offenbarung, weil sie die Form hervortreten ließen. Sie misstrauen der linearen Autorität des Inhalts und machen den Zweifel an der Erzählung zum Thema. Kurosawas Filme sind wie Kristalle, durch die man auf die Welt blickt. Jede Bewegung bedeutet, ein vollkommen anderes Bild von ihr wahrzunehmen. Und während man noch sieht, wie eines dieser Bilder schöner als das andere ist, erkennt man schon, dass man aus der Illusion der Geschichte vertrieben ist.“ Was natürlich auch heißt, dass keines der Bilder „die Wahrheit“ aussagt.

Exemplarisch durchgespielt wird diese Fragwürdigkeit in „Rashomon“: Ein Mord wird aus vier unterschiedlichen Perspektiven geschildert. Stets in sich plausibel, sodass der Zuschauer in seinem Geschworenensitz ratlos zurückbleibt. Dieser Entscheidungsnot aber sollte man sich doch aussetzen bei der Kurosawa-Reihe im Filmkunsthaus Babylon. Ach ja: Solche prächtigen, raumgreifenden Filme wie die seinen sind übrigens nichts fürs Pantoffelkino. Die gehören einfach auf die große Leinwand.

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