: Ein Abkommen mit Russland ist das Papier nicht wert
Serhij, 27, Soldat. Er kämpfte im Donbass gegen die russischen Invasoren, wurde schwer verletzt
Ich habe mich 2022 freiwillig für den Dienst an der Front gemeldet. Es gibt kaum einen Ort im Donbass, wo ich nicht war. Dort wurde ich auch schwer verletzt. Ich habe Verbrennungen erlitten, die Hälfte meines Körpers war betroffen. Unter den Folgen leide ich noch heute. Wenn es um eine friedliche Lösung des Krieges geht, den die Russische Föderation gegen die Ukraine entfesselt hat, sollte das Volk das erste Wort haben, das dem Feind ins Gesicht gesehen und sein Land gegen ihn verteidigt hat. Und da sage ich: Ein Abkommen mit Russland ist nicht einmal das Papier wert, auf dem es geschrieben steht. Denn die Besatzungsarmee wird den Krieg auch nach einer Einigung fortsetzen.
Der Kreml wird wie üblich alle seine Taten der Ukraine in die Schuhe schieben und dabei sowohl versteckte Provokationen als auch diese Taktik anwenden: Wir tun es vor aller Augen, aber gleichzeitig leugnen wir alles. Ich glaube nicht an den US-Friedensplan, vor allem, weil ihn noch niemand vollständig gesehen hat und niemand genau weiß, was er beinhalten wird. Natürlich sollte das alles so schnell wie möglich aufhören, aber um dieses Ziel zu erreichen muss die gesamte russische Führung im Gefängnis sitzen. Ihr Land muss alles wieder aufbauen, was es in der Ukraine zerstört hat.
Am vergangenen Montagabend hat Russland die Ukraine erneut mit fast 500 Shahid-Drohnen und drei Dutzend Raketen verschiedenen Typs angegriffen. Am schrecklichsten jedoch ist, dass Zivilisten, die in ihren Häusern schliefen, getötet und einige kurz vor Wintereinbruch obdachlos geworden sind. Das beunruhigt mich sehr.
Ich wünsche mir einen gerechten Frieden, den die Ukrainer verdienen. Gleichzeitig glaube ich nicht an die Rückgabe der von Russland besetzten ukrainischen Gebiete. Die Toten kann niemand zurückbringen, doch ihr Tod darf nicht ungestraft bleiben. Putin und seine Militärmaschinerie tragen die Hauptschuld.
Der Rückzug aus den von der Ukraine kontrollierten Gebieten des Donbass, wie ihn der „Trump-Friedensplan“ vorsieht, ist ein Wahnsinn, ebenso wie die Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte. Doch davon abgesehen: Ich traue US-Präsident Donald Trump nicht. Er und Wladimir Putin sind seit Langem befreundet. Ich habe die Befürchtung, dass über das Schicksal der Ukraine ohne die Ukraine entschieden wird.
Dabei denke ich auch an den Besuch des russischen Präsidenten in Alaska im August. Anstatt einen als Kriegsverbrecher anerkannten Mann zu verhaften, hat das amerikanische Militär Putin den roten Teppich ausgerollt.
Protokolliert von Walerija Samoshyna. Aus dem Russischen von Barbara Oertel
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