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Eiken Bruhn über die Verurteilung der Brebau durch FraktionenRassismus beginnt nicht erst bei Aktenvermerken

Es ist richtig, dass alle Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft die rassistische Praxis des Wohnungsunternehmens Brebau scharf verurteilen. Dieses hat nach Recherchen von Radio Bremen und „Panorama“ systematisch Be­wer­be­r*in­nen unter anderem mit Einwanderungsgeschichte ausgeschlossen.

Dennoch mutet der Furor, mit dem jetzt auch so biodeutsch-bürgerliche Parteien wie CDU und FDP auf den Skandal reagieren, merkwürdig an. Denn Rassismus beginnt nicht in dem Moment, in dem Brebau-Mitarbeiter*innen Aktenvermerke anlegen, sondern sehr viel früher.

Da bekommt eine Frau einen Job nicht, weil sie Kopftuch trägt, ein Mann wird nicht in den Klub gelassen, weil er dunkle Haare und Augen hat. Da muss ein schwarzhaariges Mädchen dem Kaufhausdetektiv ihre Tasche vorzeigen und ihre blonde Freundin nicht. Da wird ein schwarzer Mann schief angeguckt, wenn er als Schulbegleiter mit einem Kind in die Schule kommt. Die Liste kann endlos von denen fortgesetzt werden, die diese Diskriminierung täglich erleben. Häufig ist sie so subtil, dass sie für Außenstehende kaum zu erkennen ist.

Um sie sichtbar zu machen und gezielt dagegen vorgehen zu können, trainieren manche Unternehmen, Organisationen und auch Parteien Diversity-Strategien. In den dazu gehörigen Trainings geht es immer auch um den eigenen, häufig unbewussten Rassismus, dem die Teil­neh­me­r*in­nen auf die Spur gehen.

Und es geht darum, Vielfalt nicht nur zu postulieren, sondern zu leben. Dazu reicht es nicht, Stellen auszuschreiben und zu hoffen, dass sich nicht nur Weißbrote bewerben. Oft muss das System so verändert werden, dass sich ­People of Colour angesprochen fühlen und dann müssen sie auch eingestellt werden.

Das gilt auch für Parteien, wenn diese ihre Kan­di­da­t*in­nen für Wahlen aufstellen. Bei allen Bürgerschaftsfraktionen ist da Luft nach oben. Am deutlichsten aber bei FDP und CDU.

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