Eigenbedarf vor Gericht: Eigentum verpflichtet (auch zur Wahrheit)
Zum Prozess wegen einer Eigenbedarfsklage kommen viele UnterstützerInnen. Der Kläger verwickelt sich in Widersprüche.
Diese Zweifel waren auch nach der Verhandlung, in der der Mann rund 40 Minuten lang befragt wurde, nicht ausgeräumt. So gab er zunächst auf eine Frage der Anwältin Carola Handwerg an, keine Häuser und Immobilien zu besitzen. Doch die Anwältin bewies mit einem Grundbucheintrag, dass das nicht stimmte. Dort ist der Kläger als Miteigentümer eines Wohnhauses in Berlin-Charlottenburg eingetragen.
Auf diese Wohnungen habe aber nicht er, sondern sein Vater Zugriff, so der Kläger. Das bestätigte der Vater, der neben ihm im Gerichtssaal saß – er ist nämlich Anwalt und verteidigt seinen Sohn in dem Verfahren. Mehrmals beantwortete er Fragen gleich selber, die Carola Handwerg eigentlich an den Kläger gerichtet hatte.
Dabei ging es um dessen aktuelle Wohnsituation. Der Kläger behauptete, er lebe noch in einem 12-Quadratmeter-Zimmer unter dem Dach in seinem Elternhaus und wolle mit seiner Freundin die Wohnung beziehen, in der aktuell Monika Smolarek wohnt.
Die Frage, wessen Bedarf am Ende zählt, blieb am Dienstag noch offen. Die Richterin will in den nächsten 14 Tagen zu einer Entscheidung kommen. Für die vielen Prozessbeoachter*innen war die Frage schon beantwortet. „Frau Smolarek und ihre Familie leben seit 10 Jahren in der Charlottenburger Wohnung und finden trotz intensiver Suche keinen Ersatz. Also geht ihr Eigenbedarf vor“, sagte eine der ProzessbesucherInnen.
„Sie sind nicht allein“
Monika Smolarek kennt viele von ihnen. Sie klopfen ihr auf die Schulter und sprechen ihr Mut zu. Schließlich ist es der dritte Prozesstermin. Anwältin Carola Handwerg sieht in der solidarischen Prozessbegleitung eine Ermutigung für die Mieter*innen: „Sie sehen, dass sie nicht allein sind, wenn sie sich gegen eine Kündigung wehren.“
Nicht nur beim Verfahren von Monika Smolarek war der Gerichtssaal voll. Zeitgleich fand im Amtsgericht Wedding eine solidarische Prozessbegleitung statt, um einer Mieterin des Wohnkonzerns Heimstaden zur Seite zu stehen.
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