Eichborns neue 1.000-Exemplar-Edition: Überlebenschancen

Abenteurer, sei uns willkommen: Über die neuen Pläne des Verlegers Vito von Eichborn können sich Autoren nur freuen. Er selbst wird vielleicht nicht reich damit. Oder doch.

Der Querdenker unter den Verlegern: Vito von Eichborn. Bild: dpa

Vito von Eichborn ist ein umtriebiger Mann. Gründete der ehemalige S.-Fischer-Lektor 1980 zunächst den Eichborn Verlag, wurde er später Geschäftsführer des Rotbuch Verlags und des Europa Verlags, um schließlich eine spezielle Edition beim Druck-auf-Bestellung-Verlag BoD zu betreuen. Von Eichborn hat alles mitgemacht. Er hat sich einerseits um großartige Autoren bemüht oder die "Andere Bibliothek" gerettet und erfolgreich fortgeführt, andererseits hat er Bücher produziert, für die nie Bäume hätten sterben dürfen, etwa die Reihe "Sponti-Sprüche".

Bei all dem hat er sich oft die Nase eingerannt. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Geld verdienen will, zugleich ist er ein Liebhaber der Literatur. So stellte er in seine Programme stets sogenannte Schnelldreher neben Bücher, die sich nur mühselig verkauften, und hoffte, dass die einen die anderen mittragen würden. Reich ist er dabei nicht geworden. Aber so manch ein gutes Buch verdankt seine Existenz von Eichborn, das vergessen viele, die ihn nur für einen verschlagenen Trickster halten.

Auf seiner Website kündigt er seit geraumer Zeit die Gründung des Verlags "vitolibri" an, der sich um Regionalia kümmern soll. Nun aber verspricht er ein weiteres Programmsegment - in der Reihe "vitolibri1000" will von Eichborn vergriffene Bücher neu herausgeben, in schöner Ausstattung und in limitierter Stückzahl von 1.000 Exemplaren. Das klingt nach einer Schnapsidee eines alten Hasardeurs, und von Eichborn selbst muss einräumen, dass mit nur 1.000 Exemplaren bislang nicht wirtschaftlich zu arbeiten ist.

Andererseits sei er ja selbst Lektor, Pressechef und Lagerist, was heißt, die allgemeinen Kosten würden sich arg reduzieren. Auch wird er sich um Nebenrechte bemühen, also Taschenbuchlizenzen verkaufen wollen, Hörfunkrechte und Vorabdrucke verwerten wollen, so dass sich das Ganze doch rechnen kann. Viele Lyrikverlage und ein Großteil der unlängst als "junge, hippe Verlage" gehandelten Unternehmen jedenfalls sind froh, wenn sie 700 Exemplare eines Titels verkaufen.

Wenn diese Unternehmung auch auf sehr wackligen Füßen zu stehen scheint, so ist die Idee absolut richtig - viele ältere Titel selbst etablierter Autoren sucht man heute auf dem Buchmarkt vergeblich, und auch ein Daniel Kehlmann kann, spätestens seit seinem Fortgang von Suhrkamp, nicht mehr unbedingt mit einer Werkausgabe rechnen. Selbst Bücher, die gestern noch dank eines renommierten Preises allerorten besprochen worden sind, kann man heute kaum noch im Buchhandel finden. Jemand, der diesen Büchern eine neue Heimat geben will und mit Geschmack auswählt, sollte daher, im Namen der Literatur, herzlich begrüßt werden. Egal, ob er damit wieder nicht reich wird oder doch. JÖRG SUNDERMEIER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.