Ecuadors neuer Präsident Lenín Moreno: Der Gelassene
Erst sang er, dann erklärte sich Lenín Moreno zum Präsidenten Ecuadors. Inklusion zählt zu einem seiner wichtigsten Themen.
„Ich singe gerne“, sagte Ecuadors frischgewählter Präsident Lenín Moreno, nachdem er am Wahlabend vor seine jubelnden AnhängerInnen auf die Bühne gerollt war. Seit ihm bei einem Raubüberfall 1998 in den Rücken geschossen worden war, ist er querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Er griff zum Mikro und sang die ruhigen Lieder des Spaniers Joan Manuel Serrat, sein Publikum stimmte mit ein. Erst danach erklärte er sich zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt.
Verheiratet, Vater von drei Töchtern, feierte Moreno vor wenigen Tagen seinen 64. Geburtstag. Er strahlt Ruhe und Gelassenheit aus und gibt sich gern als versöhnender Charakter. Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger Rafael Correa, dessen polarisierender Führungsstil viele EcuadorianerInnen leid waren und der seinen ausgewählten Kandidaten Moreno fast den Sieg gekostet hätte.
Von 2007 bis 2013 war Moreno Correas Vizepräsident. In dessen Schatten kümmerte er sich um die Integration von Behinderten. So intensiv, dass ihn die Vereinten Nationen zum Sondergesandter für Behinderung und Barrierefreiheit beriefen. Erst zu Beginn des Wahlkampfs hatte er das Amt abgegeben.
Lenín Voltaire Moreno Garces kam 19. März 1953 in Nuevo Rocaforte zur Welt, jenem kleinen Ort in der Provinz Orrellano, von dem aus man einen guten Zugang zum Yasuní-Nationalpark hat. Aufgewachsen ist er in einer Mittelschichtsfamilie. Soziales Engagement wurde ihm von den Eltern, beide Lehrkräfte, vorgelebt, die sich dafür einsetzten, dass Kinder ärmerer Familien eine Schulbildung bekommen und sowohl in Spanisch als auch in ihren indigenen Sprachen unterrichtet werden.
Nach einem Verwaltungsstudium engagierte er sich in der Tourismusbranche und stieg bis zum Leiter der nationalen Tourismuskammer auf. Moreno ist ein Kenner des Yasuní und bestens informiert über das Hin-und Her um die Ölförderung in dem Biosphärenreservat. Zwar hat er im Wahlkampf eine neue Volksbefragung darüber nicht ausgeschlossen. Dass er als Präsident jedoch dem Schutz des Yasuní Vorrang vor der Ölförderung gibt, steht nicht zu erwarten. Am 24. Mai wird er das Amt übernehmen.
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