Ebola-Tagebuch – Folge 31: Europa kämpft gegen sich selbst
Der Kampf gegen Ebola braucht EU-weite Koordinierung. Am dringendsten ist ein gemeinsames Prozedere zur Evakuierung erkrankter Helfer.
BERLIN taz | Die Europäische Union bemüht sich um ein koordinierteres Auftreten bei der Bekämpfung von Ebola in den westafrikanischen Ländern Liberia, Sierra Leone und Guinea – aber konkrete Beschlüsse dazu haben die EU-Außenminister am Montag nicht gefällt. Andeutungen vor allem von französischer Seite, man habe sich auf einen EU-Koordinator geeinigt, finden keine Entprechung in der gemeinsamen Erklärung der Außenminister zu Ebola.
Auf der Ebola-Sondersitzung des Weltgesundheitsgipfels in Berlin am Montagmorgen hatten mehrere Redner eine Koordinierungsrolle der EU gefordert. „Wir brauchen Mobilisierung, Freiwillige und Koordination, Koordination, Koordination“, sagte der Ebola-Beauftragte der Bundesregierung, Walter Lindner.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Sonntag zum Gipfelauftakt eine EU-Mission aus „Weißhelmen“ zum Einsatz in medizinischen Krisengebieten ins Spiel gebracht, dazu eine EU-weit koordinierte Ausbildung von Ebola-Helfern und eine Bündelung von Evakuierungsmöglichkeiten für vor Ort erkranktes Hilfspersonal.
Der letzte dieser drei Punkte ist der konkreteste, denn von ihm hängt ab, ob Deutschland und andere europäische Länder ihre angekündigten massiven Hilfsoperationen auch tatsächlich durchführen. Florian Westphal, Geschäftsführer der Deutschland-Sektion des bei der Ebola-Bekämpfung führenden Hilfswerks „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF), bemängelte in Berlin, zwei internationale MSF-Mitarbeiter hätten sich bislang in Westafrika infiziert, und die Einleitung ihrer Evakuierung habe 40 beziehungsweise geschlagene 48 Stunden gedauert. Auf dieser Grundlage wird es große staatliche Entsendungen von Helfern nicht geben können.
Die EU-Außenminister beschlossen jetzt lediglich, über den Rücktransport werde „von Fall zu Fall“ entschieden – also so wie bisher. Eine bessere EU-Koordination würde heißen, dass europäische Länder nicht erst im Erkrankungsfall darüber nachdenken, wer wen in welches Land ausfliegt, sondern dass dies vorab feststeht. Bisher verfügt angeblich kein EU-Land über geeignete Flugzeuge.
Die Bundeswehr hat ein Sanitätsflugzeug, und wie Bundesgesundheitsminister Herbert Gröhe am Wochenende sagte, wird es jetzt für Ebola-Flüge umgebaut.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!