EZB senkt die Zinsen: Dieser Schritt war überfällig
Mit der Zinswende senkt die EZB die Kosten für Schulden. Damit nimmt sie Finanzminister Lindner ein Argument in der Debatte um die Schuldenbremse.

E ndlich: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende eingeleitet. Ihr Rat beschloss, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent zu senken. Dieser Schritt war nicht nur erwartbar – die Notenbanker*innen ließen unlängst keine Möglichkeit aus, um ihn mal mehr und mal weniger offen anzukündigen. Dieser Zinsschritt war längst überfällig.
Skeptiker*innen mahnen zwar, dass die Inflation noch nicht besiegt sei. Mit zuletzt 2,6 Prozent hat sich die Teuerung in der Eurozone aber schon erheblich normalisiert. Wer dies nicht sieht, ist vermutlich die niedrigen Raten aus den 2010er Jahren gewohnt. Damals warnten Ökonom*innen aber auch eher vor der Deflation, also sinkenden Preisen. Deswegen hat die EZB auch eine Inflation von 2 Prozent als Ziel. Und mit 4,25 Prozent ist der Leitzins weiterhin extrem hoch.
Dabei ist der Effekt der Zinserhöhungen auf die Inflation seit dem Sommer 2022 umstritten. Schließlich empfehlen sich hohe Zinsen als Mittel gegen die Inflation vornehmlich, wenn die Preise wegen einer heißgelaufenen Konjunktur angehoben werden. Doch die jetzige Inflationskrise hatte eine ganz andere Ursache: Putins Angriff auf die Ukraine. Dies trieb vor allem die Energie- und Nahrungsmittelpreise in die Höhe.
Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket oder die Gaspreisbremse werden deswegen einen deutlich direkteren Effekt auf die Inflation gehabt haben als die Zinserhöhungen. Dafür kann man den negativen Effekt der hohen Zinsen auf die Konjunktur jetzt an jeder brachliegenden Baustelle sehen.
Einer Person indes wird die Zinssenkung insgeheim nicht so ganz in den Kram passen: Mit dem Argument klammer Kassen kann Finanzminister Christian Lindner jetzt den Kürzungshammer schwingen und seinen Traum vom schlanken Staat Wirklichkeit werden lassen. Doch bedeuten niedrigere Zinsen, dass der Staat weniger Geld für seine Schulden ausgeben muss. Die EZB nimmt Lindner also gerade ein Argument, mit dem er sich gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse wehrt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!