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EU im Iran-KonfliktSpätes Erwachen

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Statt den Fall vor den Weltsicherheitsrat zu bringen, will die EU selbst vermitteln. Das kann nur scheitern, wenn sie die Schuld allein Iran zuweist.

Brauchte etwas, bis sie Worte für die Eskalation in Iran fand: Ursula von der Leyen Foto: Andreas Gebert/reuters

S chlafwandelnd in den Krieg – was sich vor hundert Jahren in Europa ereignet hat, sollte nie wieder passieren. Doch es kann wieder geschehen, wie die schlafmützige Reaktion der EU auf die aktuelle Irankrise zeigt. Geschlagene drei Tage hat es gedauert, bis Ursula von der Leyen, die Chefin der „geopolitischen Kommission“, die Sprache wiederfand.

Was sie dann erklärte, lässt Schlimmes ahnen. Von der Leyen erwähnte die Kriegsgefahr mit keinem Wort. Der völkerrechtswidrige amerikanische Mord per Drohne war ihr ebenso wenig der Rede wert wie die illegalen US-Sanktionen gegen Iran. Dabei haben diese Sanktionen, die sich auch gegen Europa richten, den Konflikt erst angeheizt.

Auch die UNO kommt bei von der Leyen nicht vor. Statt den Fall vor den Weltsicherheitsrat in New York zu bringen, wie es bei solchen Anlässen üblich ist, will die EU selbst die internationale Vermittlung übernehmen. Doch wie will man vermitteln, wenn man Partei ist – und die Schuld an der Eskalation allein Iran zuweist?

Wie will man das Atomabkommen retten, wenn man die eigenen Verpflichtungen nicht erfüllt? Die EU hat Iran zugesagt, die US-Sanktionen durch ein eigens gegründetes Finanzinstitut namens Instex zu umgehen. Doch bis heute wurde kein einziges Geschäft über Instex abgewickelt. Auch dazu schwieg die deutsche EU-Chefin.

Immerhin hat von der Leyen für Mittwoch eine Sondersitzung zur Irankrise angekündigt. Am Freitag wollen sich zudem die Außenminister zu einer Krisensitzung in Brüssel treffen. Die Schlafwandler wollen sich also doch noch berappeln. Doch es ist ein spätes Erwachen. Derweil geht der außenpolitische Albtraum weiter.

Während die EU noch über die Irankrise berät, bahnt sich in Libyen schon das nächste Desaster an. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat Truppen in das nordafrikanische Land geschickt, auch islamistische Söldner hat er zur Intervention eingeladen. Es passiert direkt vor Europas Haustür. Doch die EU hat auch das verschlafen.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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10 Kommentare

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  • Als Vermittler disqualifiziert.



    Wer einen Drohnenmord nicht beim namen nennt, und versucht die Schuld einseitig der Partei Iran zuzuschieben kommt als neutraler Vermittler nicht in Frage. Besonders D sieht hier ganz schlecht aus, mit der Basis Ramstein und diversen anderen US-Basen.

  • Danke, @Eric Bonse. Auf den Punkt gebracht.

  • Naja, die EU ist mit der Transatlantikerin vdL an der Spitze nicht besonders eigenständig und vermeidet die Konfrontation mit der USA.



    Sie segelt einfach in ihrem Windschatten und billigt damit die US-Politik. Alles wie immer.

  • !Däh-Zisch - Mailtütenfrisch - en point -

    “ VdL vermittelt - `n paar Berater:innen... ?“ - 😱 -

    kurz - ”Lie-ing ohne Worte!“ 🎶 🎶 🎶

  • Das erwachen der Macht?

    Eine neue Hoffnung???

    the Phantom Manace!!!

  • "Auch die UNO kommt bei von der Leyen nicht vor. Statt den Fall vor den Weltsicherheitsrat in New York zu bringen"

    Effektivität dieser Maßnahme = 0

    "Die EU hat Iran zugesagt, die US-Sanktionen durch ein eigens gegründetes Finanzinstitut namens Instex zu umgehen."

    Effektivität dieser Maßnahme = 0

    Wusste man auch vorher, niemand macht mit einem kleinen Partner Geschäfte, wenn er dafür massive Sanktionen erleidet, bei dem die EU und der eigene Staat einen elegant im Regen stehen lässt, Paradebeispiel Coba.

    "Der völkerrechtswidrigeamerikanische Mord per Drohnewar ihr ebenso wenig der Rede wert wie die illegalen US-Sanktionen gegen Iran."

    Und wie sehen da die effektiven europäischen Möglichkeiten aus?

    Ergo ist Ihre Forderung, viel Theaterdonner wenig Ertrag.

    Und es wird nie die Frage gestellt, warum Versagen wir immer wieder so krass, Bosnien oder Kosovo sind direkt vor unserer Haustür.

    Weil wir, in der aktuellen Konstellation, als Einzelstaaten außerhalb Europas irrelevant sind.

    • @Sven Günther:

      Na da schau her & dacht schon die Tage



      “Wo bleibt uns Sven Günther? (80hours/w?)

      Wennse - alter Kommißkopp - noch den.



      Mordanschlag unter Bruch des Völkerrechts - als erstes mit Eric Bonse - & anders als diese hierda&dorten rechtsinaffinen Feiglinge - einen klaren Bruch des Völkerrechts genannt hätten.



      Was ja angesichts der Ausführungen an Schluß doch nahe gelegen hätten.

      Könntmers glatt nehmen.



      Aber so fabulierens - sorry - ala tumb Breszi&Henry* - von Effektivität etc.



      Na. Hauptsache.

      ——- servíce



      www.radio-utopie.d...ie-russland-falle/



      &



      9/11 Chile

      Na Mahlzeit

      • @Lowandorder:

        Familienbesuch und Urlaub, Herzliya und Wien, mit meiner besseren Hälfte, in den Zeiten versuche ich möglichst wenig, meine elektronischen Geräte zu nutzen.

        Thema Völkerrecht können wir zügig abhandeln, Eingreifen auf Einladung scheidet als Rechtfertigung aus, mir wäre zumindestens neu, dass das auch das töten hochrangiger ausländischer Regierungsmitglieder einschließt.

        Für präventive Selbstverteidigung nach ius ad bellum, die völkerrechtlich umstritten ist, dürfte maximal die Caroline-Kriterien ("a necessity of self-defence, instant, overwhelming, leaving no choice of means, and no moment for deliberation") anwendbar sein, dazu liegen aber nicht genügend Infos vor und die kriegen wir auch nicht, ich bezweifle auch das Trump sich um sowas schert.

        Nun wird hier weder das Ende der Mullahs, noch der WK III gestartet, darum halte ich ihre Analogie mit Allende für unzutreffend oder die des Autors mit WK I.

        Warum ich das Handeln der USA für falsch halte, habe ich schon in einem anderen Artikel geschrieben.

        • @Sven Günther:

          Na bitte - geht doch.



          &



          Wose nich mitziehn wollen - Breszi fein draußen gelassen - hm?! - ist das - klar - mit dem dicken Stift. In der Sache - wie gerade - mit taz-Totalversagen btw - wieder dieser Experte Luftblasenabdrücker.



          taz.de/Politologe-...leimanis/!5650217/



          Geht’s mir um die Denke dieser Hütchen- & Vabanquespieler der vollkriminellen Sorte.



          &



          Das sind ja Trumps wie unlängst Obamas - kriegsgeile Denkschablonengeber. Newahr.



          Nothing else & Normal. 👹

          unterm—— remember



          General Haig - “Es gibt wichtigeres als Frieden!“ & Breszi - räumt doch voll komplett ab & Henry the fuck - kein deut besser •

          kurz - “Natalje - un nu komms du.“

        • @Sven Günther:

          "Die Macht der Milizen war vor dem Tod von Qasim Soleimani und Abu Mahdi al-Muhandis gefährdet. Man beschuldigte, vor allem unter den schiitischen Irakern, die Milizen als Diebe und wirtschaftlich unfähig, die als Handlanger Teherans nicht zuerst irakische Interessen vertraten und hunderttausende Menschen demonstrierten für den kompletten Austausch der Regierung, also auch deren Parteigänger.

          Bei den Demos sind die iranischen Konsulate in Najaf, Basra und Kerbala angezündet worden, also tief im Gebiet der Schiiten.

          Jetzt werden die Milizen als Verteidiger der irakischen Souveränität auftreten. Seht doch, die USA treten unsere Souveränität mit Füßen, sie halten sich nicht an Gesetze, weil sie uns nicht als gleichwertig erachten, wir werden die Nation verteidigen.

          Dies wird die Proteste erstmal zum erliegen bringen.

          Adel Abdul-Mahdi ist ein schwacher Ministerpräsident, die pro Iraner werden ihn unter Druck setzen die etwa 5.000 US Soldaten vor die Tür zu setzen und er wird nicht stark genug sein, dem nicht nachzugeben.

          Und mit der Aktion wird die USA ihren Einfluss in Bagdad wahrscheinlich pulverisiert haben und es bleiben nicht viele andere Spieler am Tisch, die das nutzen können."