EU beschließt Plattformregulierung: Mehr Kontrolle für Amazon und Co

Ein neues Gesetz soll Verbraucherrechte stärken. Das werden zum Beispiel Nut­ze­r:in­nen von Messenger-Diensten wie WhatsApp und Signal merken.

Logos von Favebook, Whatsapp und Instagram

Messenger-Dienste sollen zur Kooperation gezwungen werden Foto: Dado Ruvic/Reuters

BRÜSSEL/BERLIN rtr/afp/taz | Große Tech-Konzerne werden künftig in der Europäischen Union strenger reguliert. Die Ver­hand­le­r:in­nen von EU-Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission einigten sich in der Nacht zu Freitag auf den Digital Markets Act (DMA), der von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erst vor etwas mehr als einem Jahr angeschoben wurde. „Was wir wollen, ist simpel. Faire Märkte auch im Digitalen“, sagte Vestager. Verbraucher hätten einen Anspruch auf die Vorteile konkurrierender digitaler Märkte.

Das Gesetz ist eines von mehreren der EU zur Plattformregulierung. Es ist eine Reaktion auf die zunehmende Macht von Plattformen wie Google, Amazon oder Meta mit Facebook, WhatsApp und Instagram. Diese bauen zunehmend umfassendere Ökosysteme auf, an denen Nut­ze­r:in­nen nur schwer vorbeikommen – selbst wenn sie es versuchen. Zwar konnte die EU-Kommission auch schon in der Vergangenheit mit Mitteln des Kartellrechts gegen die Unternehmen vorgehen. Doch die Verfahren zogen sich stets über Jahre hin – zu lang in Zeiten des sich schnell entwickelnden Internets.

So zielt das neue Gesetz auf schärfere Regeln für sogenannte „Gatekeeper“ mit einer besonders starken Marktposition ab. Für sie sollen künftig Verhaltensvorschriften hinsichtlich des Umgangs mit Kundendaten und des Zugriffs auf ihre Plattformen gelten. Im Blick hat Vestager dabei Google, Amazon, Apple, den Facebook-Eigner Meta und Microsoft. Laut dem EU-Abgeordneten Andreas Schwab ist mit der DMA-Einigung auch die Zeit langatmiger Kartellprozesse zu Ende, in denen die Behörden den technologischen Entwicklungen hinterherhinkten.

Die Regeln im Einzelnen: Betroffene Unternehmen sollen ihre eigenen Angebote nicht mehr auf Kosten der Konkurrenz bevorzugen dürfen. So muss beispielsweise Apple auch andere App-Stores als den hauseigenen zuzulassen, andere Zahlungssysteme erlauben und die Löschung vorinstallierter Apps ermöglichen. Google muss Besitzern von Android-Geräten die Nutzung von Alternativen zu seiner Suchmaschine, seinem Navigationsdienst oder seinem Browser erleichtern. Außerdem soll das Unternehmen bei den Suchergebnissen eigene Dienste nicht mehr besonders hervorheben dürfen.

Gute Nachrichten für Messenger-Nutzer:innen

Plattformen wie Amazon sollen auch nicht mehr Daten von Seiten ihrer Unternehmenskunden abgreifen dürfen, um sie für ihre eigenen Konkurrenzangebote zu verwenden. Die Plattformen brauchen zudem eine extra Zustimmung der Nutzer, um Daten über mehrere Dienste hinweg zu Werbeprofilen verknüpfen zu dürfen.

Zudem sollen die größten Messengerdienste wie WhatsApp oder Facebook Messenger der Einigung zufolge mit kleineren Plattformen zusammenarbeiten müssen, wenn diese es wünschen. Nutzer könnten so erstmals Botschaften oder Videos über verschiedene Dienste hinweg verschicken.

Um die Konzerne zur Kooperation zu bringen, können hohe Strafen bei Verstößen ausgesprochen werden. Bußgelder von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes sind möglich. Bei wiederholten Verstößen drohen sogar bis zu 20 Prozent.

Für den französischen Staatssekretär für Digitales, Cédric O, handelt es sich um „die wichtigste Wirtschaftsregulierung der letzten Jahrzehnte“. Das Gesetz werde „konkrete Auswirkungen auf das Leben der europäischen Bürger“ haben. „Wir sprechen über die Waren, die Sie online kaufen, das Smartphone, das Sie jeden Tag benutzen, und die Dienstleistungen, die Sie jeden Tag nutzen.“

Apple erklärte hingegen, es sei „besorgt, dass einige Bestimmungen“ des Gesetzes „unnötige Datenschutz- und Sicherheitslücken für unsere Nutzer schaffen werden“. Andere Regeln würden des dem Konzern „verbieten, für das geistige Eigentum, in das wir viel investieren, Geld zu verlangen“.

„Der Erfolg des DMA steht und fällt jedoch mit der Durchsetzung“, sagt Felix Duffy von LobbyControl. Außerdem seien weitere Schritte nötig, so müsse etwa personalisierte Werbung beschränkt werden und die Entflechtungsmöglichkeiten gestärkt.

Die Einigung muss noch vom Europaparlament und den Mitgliedstaaten besiegelt werden. Das gilt allerdings als Formsache. Die EU setzt auf ein Inkrafttreten der neuen Vorschriften spätestens im kommenden Jahr.

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