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EU-Umweltminister spielen VorreiterKlimaschutz mit der Geldbörse

Wie bringt man klimaskeptische Regierungen auf Klimakurs? Vielleicht mit einer Art Solidaritätszuschlag zugunsten derjenigen, die noch die meiste Arbeit vor sich haben?

Wer sich in Frankreich ein neues Auto kauft, tut gut daran, auf den CO2-Ausstoß zu achten Bild: ap

Im eigenen Land hat Frankreichs Umweltminister Jean-Louis Borloo gerade gezeigt, mit welchem Instrument sich am besten Klimaschutz betreiben lässt: mit dem Portemonnaie. Seit Januar 2008 gilt beim Autokauf eine "Bonus-Malus"-Regelung: Für Autos, die nur relativ wenig CO2 ausstoßen, schießt der Staat bis zu 2.000 Euro zu. Wer einen Spritschlucker kauft, muss bis zu 2.500 Euro draufzahlen.

Die Strategie "Klimaschutz geht durch die Geldbörse" bietet Borloo jetzt auch europaweit an. Frankreich hat für seine EU-Ratspräsidentschaft den Klimaschutz zu einem der wichtigsten Ziele erklärt. Bis zum Dezember 2008, wenn sich im polnischen Poznan die Diplomaten zum nächsten Welt-Klimagipfel treffen, soll klar sein, wie die EU ihre Vorreiterrolle auf diesem Feld ausfüllen will.

Über das "wie" gibt es gehörig Streit: Klar ist, dass der Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten drastisch angezogen werden soll. Nach den Plänen der EU-Kommission soll die europäische Industrie von 2013 an zwei Drittel aller Verschmutzungsrechte ersteigern müssen, von 2020 an sogar 100 Prozent. Frankreich will die Mehrbelastung der Industrie durch Klima-Abgaben für Importe nach Europa abfedern, um so Kostennachteile für einheimische Industrien abzufedern. Dagegen sperrt sich die Bundesregierung, die einen neuen Handelskrieg mit den USA befürchtet. Der deutsche Vorschlag: bestimmte Bereiche, etwa die heimischen Stahl- oder Zementproduzenten, von den Auflagen zur CO2-Reduzierung zu befreien.

Zwei Tage berieten die Umwelt- und Energieminister der EU auf ihrem informellen Treffen im "Domaine de Saint Cloud", einem weitläufigen Park im Südwesten von Paris, mitten im Grünen und mit weitem Blick über die Hauptstadt. Die Idylle aber trügt: Vor allem ein Vorstoß von sieben osteuropäischen Ländern wie Polen und Ungarn sorgte für Unmut. Die Ostländer wollen weniger Reduktionsverpflichtungen übernehmen, weil sie nach dem Zusammenbruch ihrer Wirtschaften den größten Aufholbedarf hätten, so ihr Argument. Polen etwa gewinnt seine Energie fast vollständig aus Kohle und befürchtet schwere Standortnachteile, wenn durch den Zertifikatehandel Strom deutlich teurer wird. Darin zeigt sich für Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Sorge der Osteuropäer, Klimaschutz gehe zu Kosten ihres Wirtschaftswachstums. "Deshalb müssen wir den Interessenausgleich organisieren", sagte Gabriel.

Debattiert wird eine Art Solidaritätszuschlag: Zehn Prozent der Zertifikate für den Emissionshandel sollen die Westeuropäer an die Osteuropäer abtreten. Die Regierungen Osteuropas könnten diese Zertifikate zusätzlich an ihre Industrien versteigern - das so eingespielte Geld sollte in Effizienzmaßnahmen in ihren Ländern gesteckt werden. Gabriel und Borloo unterstützen diesen Plan von Umweltkommissar Dimas. Und auch das selbst gesteckte Reduktionsziel von 20 Prozent ist umstritten. Statt wie geplant um 20 Prozent zu senken, seien europaweit 30 Prozent notwendig, sagte der tschechische Umweltminister Martin Bursik. "Wir haben uns auf einen Fahrplan geeinigt", so der Ratsvorsitzende Jean-Louis Borloo. Vorgesehen ist unter anderem eine gemeinsame Sitzung mit den Finanzministern im Herbst. Bis Oktober will Frankreich dann einen Kompromiss der EU-Länder schmieden, um bis Dezember die Verhandlungen mit dem EU-Parlament abzuschließen. Denn darüber immerhin sind sich die 27 Minister einig: Vor der nächsten Weltklimakonferenz im Dezember muss das Konzept stehen. mit rtr

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